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Historische Aufnahme. Die Freilichtbühne war einst ein sogenannter Thingplatz, errichtet von den Nationalsozialisten.

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Potsdam-Mittelmark: Zukunft für Freilichtbühne

Bei der Wiederbelebung soll an die Geschichte des Ortes erinnert werden

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Werder (Havel) - In Werder wird über die Wiederbelebung der Freilichtbühne am Stadtpark diskutiert. Nach einem Vorschlag aus der CDU-Fraktion steht das Thema auf der Tagesordnung der nächsten Kulturausschusssitzung am 16. Oktober. Erstmals seit Jahren hatte am 30. Juni wieder ein Konzert auf der Freilichtbühne mit der Rockband „Six“ stattgefunden – ein großer Erfolg, wie es danach hieß. Viele Gäste waren begeistert von der Atmosphäre. Auch Stadtverordnete aus anderen Fraktionen würden die Wiederbelebung begrüßen. Die Freilichtbühne sollte zuletzt in einen Kletterpark eingebunden werden, der Investor will das Projekt wegen massiver Auflagen der Bauaufsicht aber nicht weiterverfolgen (PNN berichteten).

Der Werderaner Historiker Hartmut Röhn sagte gegenüber den PNN, dass man bei einer Wiederbelebung der Freilichtbühne auch an die Geschichte dieses Ortes erinnern sollte. „Ein Hinweis in irgendeiner Form wäre nützlich“, so Röhn. Die Bühne ist als „NS-Feierstätte“ und sogenannter „Thingplatz“ am 1. Mai 1936 pompös eingeweiht worden. Der Ort sei auch beschrieben worden im jüngst erschienenen Band „Brandenburg 1933-1945. Der historische Reiseführer“ von Martin Kaule. Röhn verwies zudem auf einen Aufsatz des bekannten, inzwischen verstorbenen Werderaner Ortschronisten Balthasar D. Otto, der umfangreich zur Geschichte der Freilichtbühne recherchiert hatte. Unter der Schirmherrschaft des Reichspropagandaministers Josef Goebbels sei demnach schon 1934 in einer Broschüre für die Errichtung von Thingplätzen für Freilichtspiele und Kundgebungen in Werder geworben worden. Nach Entwürfen des Berliner Architekten Ludwig Moshamer ist dann eine Anlage am Rande des Stadtparks, umgeben von einem Eichenwall, gebaut worden. Als „nationalsozialistische Feierstätte“ mit Thingplatz wurde sie, wie es bei Otto heißt, zum Schauplatz ideologisch geprägter Veranstaltungen und Aufmärsche.

Am 18. April 1940 wurde dann festgelegt, dass die bisher in Rathen abgehaltenen Karl-May-Festspiele in diesem Jahr auf der Freilichtbühne Werder stattfinden. Den ganzen Sommer gab es Vorstellungen. Im August 1942 wurde die Bühne für die Dauer des Krieges geschlossen. Nach dem Krieg begann die überwiegend zivile Nutzung. Den meisten Werderanern ist die Freilichtbühne als Kulturstätte bekannt.

„Ein junges Völkchen von Enthusiasten“ habe nach dem Krieg eine Theatergruppe gegründet und den Bühnenbetrieb wieder aufgenommen, wie es bei Balthasar Otto weiter heißt. Die Leitung hatte die Schauspielerin Senta Cordel, die in der Kriegszeit in ihrem Haus am Schwalbenbergweg eine Jüdin versteckt gehalten hatte. 1949 wurde Shakespeares „Sommernachtstraum“ aufgeführt. „Die akustisch verbessernden riesigen Felsenkulissen der unvergessenen Karl-May-Festspiele von 1940 waren 1943 demontiert worden, weil man das Holz brauchte.“

Die fortan Goethe-Freilichtbühne genannte Anlage wurde in den darauffolgenden Jahrzehnten sporadisch genutzt: für Festprogramme zum 1. Mai mit Kunstradfahren, Chorsingen und Tanz. Otto erinnert in seinem Aufsatz auch an eine Bluesnacht im Jahr 1976 und den Auftritt der legendären Ostrockband „Karat“ im Jahr 1982. Später wurde in Erinnerung an Karl May ein Westernfest gefeiert. Kurz vor der Wende 1987 gab es noch 80 000 Mark von der FDJ-Bezirksleitung zum Umbau in ein Freilichtkino mit 1180 Sitz-und 1000 Stehplätzen.

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