zum Hauptinhalt
Die Autobahn bei Michendorf ist der am höchsten belastete Abschnitt des Berliner Rings. Heute werden hier täglich 88 000 Fahrzeuge gezählt. Im Jahr 2025 werden laut einer Prognose täglich bis zu 126 000 Fahrzeuge erwartet.

© Manfred Thomas

Von Hagen Ludwig: Zündstoff an der Autobahn

Michendorfer erwarten achtstreifigen Ausbau mit Skepsis und gemischten Gefühlen

Stand:

Michendorf - In den Jahren 2010 bis 2013 soll der Berliner Ring zwischen den Autobahndreiecken Nuthetal und Potsdam achtstreifig ausgebaut werden – noch im Sommer beginnt wahrscheinlich dafür das Planfeststellungsverfahren. Viele Michendorfer sehen dem Vorhaben indes mit Skepsis oder gemischten Gefühlen entgegen. Das wurde auf einer Informationsveranstaltung am Donnerstagabend im Gemeindezentrum „Zum Apfelbaum“ deutlich. Befürchtet wird eine noch stärkere Lärmbelastung, Anwohner der Autobahn bangen zudem um ihre Grundstücke – Zündstoff ist genug vorhanden. Mit Spannung wurden deshalb die detaillierten Pläne erwartet, die an diesem Abend von der „Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH“ (Deges) vorgestellt wurden. Vier Stunden lang referierten die Planer, diskutierten und stritten sie mit den über hundert Michendorfern im Saal.

Trotz vieler Kritikpunkte kündigte Deges-Bereichsleiterin Stefanie Langowski abschließend an: Die vorliegenden Pläne bleiben vorerst unverändert. Erst im Planfeststellungsverfahren hätten die Gemeinde und die Anwohner dann endlich die Möglichkeit, ihre Anregungen und Bedenken einzubringen.

Dann sei es jedoch meist zu spät, es wäre nahezu unmöglich, noch etwas zu bewegen, weiß Michendorfs Bürgermeisterin Cornelia Jung (parteilos) aus Erfahrungen mit anderen Straßenbauvorhaben in der Gemeinde. Und deshalb ließ sie am Donnerstagabend, begleitet vom Beifall der Einwohner, ihrem Ärger freien Lauf. „In keinster Weise“ hätten die verantwortlichen Planer ihr Autobahnprojekt bisher mit der Gemeindeverwaltung abgestimmt. „Warum fragt man uns nicht im Vorfeld, was uns bewegt oder bedrückt? Warum nutzt man nicht unsere Detailkenntnis?“, so Jung. Beim Bau von Kreis- und Landesstraßen sei das gute Praxis. Nur bei einem solch großen Vorhaben wie dem Autobahnausbau funktioniere das nicht. Deshalb nun der eindringliche Appell der Bürgermeisterin: „Gebt uns die Unterlagen, damit wir uns vor Beginn der Planfeststellung in der Gemeinde noch einmal damit auseinandersetzen und Vorschläge machen können.“

Ohnehin sei das Projekt noch nicht reif für die Planfeststellung, erklärte Gemeindevertreter Andree Halpap (Bündnisgrüne). Ein Hauptgrund sei, dass die Grundstücksangelegenheiten mit betroffenen Anliegern noch nicht geregelt seien, wie auf der Informationsveranstaltung deutlich wurde. Neuralgischer Punkt sind die Beelitzer Straße und die Waldheimstraße. Hier führt die um acht Meter verbreiterte Autobahn über die Grundstücke der Anwohner in erster Reihe – der Verkehr rückt noch näher heran an ihre Häuser. Ein Betroffener hat bereits kapituliert, will sein Grundstück zur Verfügung stellen, doch Gespräche darüber gab es noch nicht. „Uns fallen jetzt schon die Tassen aus dem Schrank“, erklärte ein anderer Anwohner. Umso mehr verwunderte es ihn, dass die Belastung durch Erschütterungen überhaupt nicht Gegenstand der aktuellen Planungsbetrachtungen sind.

Intensiv beschäftigte sich indes der beauftragte Planer Ralf Baumgärtel mit den Lärmprognosen. Etwa 470 Michendorfer Gebäude seien betroffen – bei ihnen würden die gesetzlichen Grenzwerte ohne weitere Lärmschutzmaßnahmen überschritten. Deshalb sollen die bestehenden Lärmschutzwände vollständig erneuert, verlängert und erhöht werden, teilweise bis zu einer Höhe von zehn Metern. Auf dem knapp neun Kilometer langen Autobahnabschnitt würden dann nördlich 3100 Meter und südlich 2340 Meter Lärmschutzwände stehen. Damit könnte das Lärmniveau sogar etwas gesenkt werden, und würde etwa dem Stand Anfang der neunziger Jahre entsprechen, als noch deutlich weniger Autos fuhren, so Baumgärtel.

Enttäuscht waren die Michendorfer darüber, dass auf dem extrem belasteten Autobahnabschnitt kein offenporiger Asphalt (OPA), sogenannter Flüsterasphalt, verwendet wird. Damit könnte der Lärm bereits an der Entstehungsquelle um mindestens drei Dezibel gesenkt werden. Es seien vor allem technische Aspekte, die auf dieser Strecke gegen die Verwendung von OPA sprechen würden, hieß es seitens der Planer. Unter anderem sei dieser Asphalt sehr empfindlich und müsste spätestens alle sechs Jahre erneuert werden, wenn auf ihm häufig gebremst und beschleunigt wird. Und gerade das wäre auf dem Abschnitt zwischen den Dreiecken Nuthetal und Potsdam mit seinen vielen Anschlussstellen und der Raststätte der Fall. Überzeugt hat es die Michendorfer nicht, sie glauben, es geht um die höheren Kosten für den Flüsterasphalt. Zumindest ein Kommunikationsfortschritt wurde am Donnerstagabend erreicht. Die Vertreter der Deges vereinbarten zeitnah ein Treffen mit den unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümern und der Gemeindeverwaltung.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })