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Potsdam-Mittelmark: Zur Freude des Schönen

Der bekannte Graphiker und Zeichner Walter Herzog stellt im Schloss Caputh aus

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Der bekannte Graphiker und Zeichner Walter Herzog stellt im Schloss Caputh aus Von Gerold Paul Schwielowsee-Caputh. „Das Leben ist kurz. Die Kunst aber ist lang“, so steht es in den Aphorismen des Hippokrates. Lang ist die Zeit, bis der begnadete Graphiker und Zeichner Walter Herzog eines seiner in Messing gestochenen Werke vollendet hat, lang ist auch ihre Wirkung. Dabei sucht er sich die wohl vergänglichsten aller Motive, die unsteten Ufer des Meeres, zerbröckelte Ruinentreppen, gestürzte modrige Bäume sumpfigen Grundes, leer in den Himmel greifendes Astwerk zum Winter, Weiher im Frieden der Zeit, Alleen, Tore, Brunnen, die Weiten des Landes meist ohne Menschen, die Stillen in der Natur. Denn wer die Kürze des Lebens kennt, hält gern inne, wer Dauerhaftes schaffen will, schaut nicht auf die Uhr. Walter Herzog ist ein Mann der Ruhe und der Disziplin. Seit er 1980 seine Architektenlaufbahn beendete, schuf er weit über 1000 dieser wunderbaren Graphiken und Zeichnungen, von denen viele im Besitz renommierter Museen des In- und Auslandes sind. Seine Ansichten sind so beständig wie man es seinen Blättern auch späterhin wünscht: Kunst müsse sich selber erklären und dabei zweckfrei sein – Vollkommenheit natürlich vorausgesetzt, was man bei seiner erstklassigen Ausstellung im Seitenflügel des Caputher Schlosses seit kurzem bequem nachprüfen kann. Die 41 ausgestellten Radierungen, Farblithos und diese exzellenten Federzeichnungen (laviert) dürfen sogar gekauft werden. Man sollte viel Zeit mitbringen, bei den „Baumwächtern“ zu verweilen, den Lichtverhältnissen vom „Hellen See“ nachzusinnen und das „Baumtraumhaus“ zu bewundern, filigrane Seelenlandschaften, in der Natur gespiegelt, fast immer nach dem Goldenen Schnitt auf die Fläche gebracht, was an die Malkunst der alten Chinesen erinnert. Manche Platten hat der Perfektionist bis zu zehn Mal geätzt, bis sich die gewünschte Wirkung einstellte. Dieses Werk erreicht und berührt sofort, ein Wunder aus Präzision und Schönheit, meist in quadratischem Format gestellt, auf weißem oder getöntem Fond- oder Büttenpapieren gedruckt, was seine Frau Christine seit Jahren besorgt. Von jeder Platte gibt es nur 100 Abzüge, 75 arabisch nummeriert, der Rest in römischen Ziffern, je nach Maßgabe des Sammlerinteresses. Ein Ästhet par excellence, der durch die Schule des „Graphiklandes DDR“ gegangen ist. Georg Nerlich und Roald Messner zählen zu seinen Lehrern. Lothar Lang erwähnt in seinem 1982 erschienenen Buch über ostdeutsche Malerei und Graphik Herzogs „surreale Flecht- und Partikelwelt“. Caputh zeigt ihn als einen der ganz großen Stecher und Zeichner der Gegenwart. Was früher üblich war und heute kaum jemand tut, ist ihm ein Bedürfnis: Er geht in die Museen, um von den Alten zu lernen. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn man ihn an seinen Meistern erkennt: Dürer, Carus, Kersting und vor allem der Geist der Romantik, zu der sich Walter Herzog bekennt – keine Epochenfrage, sondern innere Haltung. Über einem seiner prachtvoll gestalteten Werkverzeichnisse (an der Kasse erhältlich) aber steht ein Goethe-Zitat: „Den Stoff sieht jedermann vor sich, den Gehalt findet nur der, der etwas dazu zu tun hat, und die Form ist ein Geheimnis den meisten." Dergestalt sind dieses Kunstwerke allesamt Selbstporträts'', seelenverwandt dem Holländer Hercules Seghers. Die Natur wird zur Allegorie, das Abbild spiegelt die Seele, es gibt jetzt nur Sympathie, oder das Gegenteil. Bäume, Wege, Raine, Seen, wenig Menschenwerk ist dabei, weil der Mensch im Bildwerk von Herzog sowieso enthalten ist. Er ist kein Nekrolog des Morbiden, sondern Ästhet, und findet also das Schöne, wo es ist: Überall. Er freut sich, wenn jemand sagt: „Als ich beim Spazieren jenen Baum sah, musste ich an Sie denken." An seinen Blick, an seine Graphiker-Augen. So soll es ja sein, Kunst ist Stille, Bescheidenheit, Zier, ohne pragmatischen Zweck. Zeitlos. Walter Herzogs Werk ist das Lob der reinen Kunst, die sich gesucht und wiedergefunden hat, seine Hand ist ihr Werkzeug. Was könnte man Besseres sagen? Das Lautere läutert die Seele, das Malwerk der Natur bringt Friede dem Menschen. Deshalb muss die Kunst ja lang sein. Derart berührt, wird ihre Wirkung auch dauern. Die Ausstellung ist bis zum 21. September Dienstag bis Sonntag 10 bis17 Uhr geöffnet.

Gerold Paul

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