Olympische Goldmedaille von Kleinmachnow: Zurück an die Familie
Die olympische Goldmedaille von 1932, die vor Kurzem in Kleinmachnow gefunden wurde, gehörte dem Ruderer Horst Hoeck. Nun besichtigte seine Tochter die Medaille, sie ist die rechtmäßige Erbin. Ein Geheimnis wird aber wahrscheinlich dennoch nie gelüftet.
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Kleinmachnow - Die Geschichte um die olympische Goldmedaille von Horst Hoeck aus dem Jahr 1932, die eingemauert in einem Haus in Kleinmachnow entdeckt worden ist, hat ein glückliches Ende: Am gestrigen Donnerstag kam Hoecks älteste Tochter Karin Isermann nach Kleinmachnow, um einen Blick in den Tresor des Rathauses zu werfen. Dort wird derzeit die Goldmedaille aufbewahrt, die ihr Vater 1932 bei den Olympischen Sommerspielen in Los Angeles gewonnen hatte.
Die 1939 geborene Karin Isermann stellte sich gemeinsam mit ihrem Mann geduldig den Fragen der zahlreich erschienenen Journalisten und Reporter. Und Fragen gab es viele, denn nicht alles konnte bislang zweifelsfrei aufgeklärt werden. „Wir wussten bis Anfang dieser Woche gar nicht, dass Horst Hoeck in Kleinmachnow gewohnt hatte“, sagte Bürgermeister Michael Grubert (SPD). Hoecks Tochter hatte sogar selbst nach dem Krieg für kurze Zeit in dem Haus in der Kleinmachnower Medonstraße gelebt, während der Vater die Biomalz-Fabrik in Teltow leitete.
"Wir freuen uns sehr, dass sie wieder in Familienbesitz kommt"
Karin Isermann ist die rechtmäßige Erbin der Goldmedaille. „Wir freuen uns sehr, dass sie wieder in Familienbesitz kommt“, sagt Isermann. „Es ist toll aber gleichzeitig traurig, dass mein Vater die Medaille nicht mehr hatte.“ Sobald das olympische Gold offiziell an Karin Isermann übergeben worden ist, will sie die Medaille zum Grab mitnehmen. „Dann kann ich ihm die Medaille endlich zeigen“, sagt Isermann sichtlich gerührt.
Der Verlust der Medaille war für Hoeck schmerzvoll. „Der Rudersport war seine große Leidenschaft“, sagt Isermann. „Den Trainer Tom Sullivan hat er sehr verehrt. Immer wenn Training war, übernachteten sie sogar im Ruderclub, Alkohol und Frauen waren verboten.“
Die Medaille bedeutete Horst Hoeck viel
Auch wenn Horst Hoeck als Leiter der Biomalz-Fabrik und später mit dem Lokal seines Vaters in Berlin Charlottenburg erfolgreich war, bedeutete ihm die Goldmedaille viel, so Isermann. „Die Medaille konnte er fassen.“
Karin Isermann ist die Tochter aus Hoecks erster Ehe mit der Ufa-Schauspielerin Margot Milesi. Nach dem Tod von Milesi heiratete er 1942 Ingrid Patermann, die Tochter von Myro Patermann, dem die Biomalz-Fabrik in Teltow gehörte. Dort wurde Hoeck 1943 Betriebsleiter. Gemeinsam mit seiner zweiten Frau wohnte er in Kleinmachnow, in der heutigen Kita „Waldhäuschen“, zur Miete. Zum Besitzer des Hauses, Dr. Werner Brune, der später aufgrund seiner NS-Vergangenheit enteignet wurde, hatten die Hoecks keinerlei Verbindung. „Mein Vater war sehr lustig, engagiert auf der Arbeit aber vollkommen unpolitisch“, sagt seine Tochter.
Hoeck: Er sei doch kein Kommunist
Trotzdem vertrat Hoeck seine Meinung. Nach dem Krieg wurde er von den Sowjets gefragt, ob er mit ihnen zusammenarbeiten wolle. „Dieses Angebot lehnte Hoeck mit den Worten ab, er sei doch kein Kommunist“, sagt Matthias Gerschwitz, der mit „Molle und Medaille“ ein Buch über die Alt-Berliner Kneipe Wilhelm Hoeck geschrieben hat, die dem Vater des Ruderers gehörte. Laut Gerschwitz wurde Hoeck daraufhin verhaftet und zum Tode verurteilt. „Er wurde drei Mal an die Wand gestellt“, sagt Karin Isermann. „Über die Haft ist er nicht hinweggekommen.“
Horst Hoeck war laut Isermann vermutlich 1948 in Potsdam inhaftiert. Unklar ist, ob er in der Linden- oder Leistikowstraße einsaß. „Die Verhöre müssen schlimm gewesen sein“, vermutet seine Tochter. Womöglich war das einer der Gründe, warum sich Horst Hoeck dann zur Flucht entschieden hatte. „Er ist aus dem zweiten Stock gesprungen.“ Er wollte auf einen Vorsprung und dann auf die Straße springen, so Isermann. „Um die Ecke warteten ein paar Freunde, um ihn dann mitzunehmen.“ Hoeck sprang jedoch zu weit und brach sich beide Beine und Arme und verletzte sich im Gesicht. Er kam in ein Militärkrankenhaus. Von dort sollte er in ein ziviles Krankenhaus verlegt werden, so Autor Gerschwitz. Das machte sich seine Frau zunutze und fuhr mit einem Krankenwagen vor, um ihn zur Verlegung abzuholen. „Als später der Militärkrankenwagen kam, um Hoeck zur eigentlichen Verlegung abzuholen, waren beide schon so gut wie in Westberlin“, sagt Gerschwitz.
Wer hat die Goldmedaille eingemauert?
Nach der Flucht kümmerte sich Hoeck Anfang der 1950er Jahre um die Kneipe. „Bier hat er aber nie gezapft, das mochte er nicht“, sagt Isermann. Obwohl seine Sportkarriere lange vorbei war, auch aufgrund der Verletzungen, war er weiter im Berliner Ruderclub aktiv. Tochter Karin, die als Designerin für Bademäntel und Lingerie erfolgreich war, konnte sich nicht für den Rudersport begeistern. „Mein Vater wollte das auch nicht,“ sagt sie. „Er sagte, dann bekäme ich ein Kreuz wie ein Berufsboxer.“
Karin Isermann, die mit ihrem Mann in Berlin und Frankfurt am Main lebt, wird die Goldmedaille in Familienbesitz nehmen. „Es fehlt noch der Erbschein, der liegt in Hessen“, sagt sie. Obwohl alle Rätsel um die Geschichte der Goldmedaille aufgeklärt sind, wird ein Geheimnis wohl nie gelüftet werden. „Niemand weiß, wer die Goldmedaille in dem Haus eingemauert hat“, sagt Isermann. Auch Horst Hoeck hatte von dem Versteck offenbar keine Ahnung.
Björn Stelley
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