Potsdam-Mittelmark: Zuzug im Tausch gegen Natur
Für den Flächennutzungsplan von Schwielowsee werden 100 Hektar Landschaftsschutzgebiet geopfert
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Schwielowsee - Die Flussniederungen zwischen Potsdam und Brandenburg / Havel, das Lehniner Land und die Beelitzer Heide – sie alle gehören zum Landschaftsschutzgebiet Potsdamer Wald- und Havelseen. Die Vielfalt und Schönheit der eiszeitlich und kulturhistorisch geprägten Landschaft sei zu bewahren, wie es in der Landschaftsschutzverordnung heißt. Jetzt sollen von der gut 19 000 Hektar großen Schutzzone rund 100 Hektar abgeknapst werden – für Wohnbauflächen, Wochenendhausgebiete und Gewerbebereiche in der Gemeinde Schwielowsee.
Nach fünfjähriger Diskussion und Arbeit hat die Gemeindevertretung am Donnerstagabend ihren Flächennutzungsplan mit großer Mehrheit verabschiedet. Das Planwerk legt die städtebauliche Marschrichtung für die nächsten fünfzehn Jahre fest. Auf 11 000 Einwohner will die Gemeinde bis dahin wachsen, um fast zehn Prozent. Zum Teil streifen die neuen, im Flächennutzungsplan anvisierten Baugebiete die Landschaftsräume an den Ortsrändern.
Doch das ist es nicht allein. Wochenendhausgebiete, die in den letzten Jahrzehnten vor allem in Ferch in den Wald gesetzt wurden, sollen jetzt aus der Schutzzone ausgegliedert und legalisiert werden. Teilweise wohnen die Erbauer hier inzwischen, es handelt sich um fast 40 Hektar Landschaftsschutzgebiet. Auch für das Einsatzführungskommando in Geltow, bislang ein weißer Fleck auf den Planwerken, sollen klare Verhältnisse geschaffen werden. Fast 42 Hektar des Landschaftsschutzgebietes werden für die Bundeswehr fällig.
Vor anderthalb Jahren hatten die Gemeindevertreter schon einmal den Flächennutzungsplan beschlossen. Das Planwerk wurde von Landrat Wolfgang Blasig (SPD) kassiert, weil über die Ausgliederung noch keine Einigung mit dem Brandenburgischen Umweltministerium erzielt worden war. Inzwischen hat das Rathaus nachgearbeitet und mit dem Ministerium verhandelt, für 24 Flächen wurden inzwischen sogenannte Ausgliederungsverfahren durchgeführt.
Nur eine der von der Gemeinde gewünschten Flächen fiel durch: Der Containerhof der Recyclingfirma Richter in Geltow muss zurückgebaut werden. Die illegale, jahrelang von den Behörden geduldete Industrieenklave in der Feldflur hinter dem Ortsrand wird auch in Zukunft zum Landschaftsschutzgebiet gehören. Der SPD geht das nicht weit genug, doch für weitere Einschränkungen für den umstrittenen Hauptstandort der Firma in der verlängerten Wildparkstraße gab es in der Gemeindevertretung keine Mehrheit.
Detailliert werden im Flächennutzungsplan die Bauflächenpotenziale ausgewiesen, insgesamt 354 Hektar stehen für Zuzügler und neue Gewerbeansiedlungen bereit. Für Caputh ist die Zukunft das Blütenviertel, wo etwa 100 neue Wohneinheiten entstehen können. Erhebliche Verdichtungsmöglichkeiten werden auch auf beiden Seiten der Schwielowseestraße gesehen, wo etwa 70 Wohneinheiten hinzukommen könnten. In der Michendorfer Chaussee wurde im Außenbereich eine Baufläche für bis zu 40 Wohneinheiten ausgemacht.
In Ferch könnten durch Nachverdichtung im Hohen Weg und in der Bergsiedlung 60 Wohnhäuser hinzukommen, in den Wochenendhausgebieten Heideberg und Beelitzer Straße über 80. Geltow hat noch in Wildpark-West Platz für 55 Familien, Am Pappeltor für etwa 50 und im nördlichen Moosweg für bis zu 90.
Werden alle Potenziale des Flächennutzungsplans gezogen, würden bis 2029 rund 1200 neue Wohneinheiten in den drei Ortsteilen entstehen. Doch selbst wenn das Umweltministerium den Weg dafür geebnet hat – damit rechnen selbst die Optimisten in der Gemeindevertretung nicht. Es bleibt wohl noch ein bisschen Grün in Schwielowsee. Henry Klix
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