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Potsdam-Mittelmark: Zwei Linke wettern gegen Blütentherme
Ortsverbandschefin warnt vor geplanter Kreditaufnahme der Stadt, Landtagsabgeordneter vor der Pleite
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Werder (Havel) - Die linke Stadtverordnete Renate Vehlow hat sich gestern öffentlich zu ihrem „Nein“ zum Werderaner Freizeitbad bekannt. Bei der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstagabend hatten sich (in nichtöffentlicher Sitzung) drei der 29 Mitglieder gegen die Kristallbäder AG aus dem mittelfränkischen Stein als Investor und Betreiber der Blütentherme ausgesprochen. Die Stadt plant das Bad in den Havelauen als öffentlich-private Partnerschaft. Neben einem Baukostenzuschuss von neun Millionen Euro sollen für die Vertragslaufzeit von 30 Jahren jährlich 500 000 Euro als Betriebskostenzuschuss fließen. Die Kristallbäder AG selbst will neun Millionen investieren und jährlich 300 000 Euro Grundstückspachten zahlen.
Auch wenn es so noch nicht im vorgelegten Haushaltsentwurf steht: Laut Vehlow will die Stadt für den Badneubau alle Rücklagen aufbrauchen und für eine Laufzeit von 30 Jahren einen Kredit von neun Millionen Euro aufnehmen. Die finanzielle Belastung für die Stadt sei „sehr hoch“. „Dabei ist zu beachten dass die Schlüsselzuweisungen geringer werden und die Kreisumlage steigt“, so Vehlow, die den Ortsverband der Linken führt. „In dieser angespannten Finanzsituation halte ich die Investition für untragbar.“
Sie erinnerte daran, dass die Stadt bis zum Auslaufen des Solidarparkes im Jahr 2019 eigentlich alle Kredite getilgt haben wollte. „Mit dem Bau der Blütentherme erfährt Werder dagegen eine enorme Belastung.“ Die Auswirkungen merke man dem aktuellen Haushaltsentwurf und der mittelfristigen Finanzplanung bereits an. So seien die Ansätze für den Verbrauch an Energie und Wasser im Haushalt 2011 geringer als 2010. „Das Gegenteil wird der Fall sein.“ Für ein Umsteuern, zu einer sozialeren Stadt bleibe endgültig kein Spielraum mehr. „Neue und sozial gerechteren Elternbeiträge für Kindereinrichtungen, ein verbilligtes oder kostenfreies Schulessen und weitere Sozialpädagogen bleiben auf der Strecke“, so Vehlow. Die Blütentherme sei „mit unübersehbaren Risiken behaftet“. Neben Vehlow sollen auch der SPD-Mann Wolfgang Lambrecht und die Grüne Ilona Klapper gegen die Bad-Vergabe gestimmt haben.
Auch der Landtagsabgeordnete der Linken, Andreas Bernig, warnte gestern erneut vor dem Projekt. „Rote Zahlen im Haushalt sind programmiert. Bürger werden die Lasten tragen müssen“, so Bernig in einer Pressemitteilung. Die Landesregierung habe auf seine Anfrage hin eindeutig ausgeführt, dass die Entwicklung der Bäderlandschaft in Brandenburg abgeschlossen sei. „Daher werden für derartige Projekte auch keine Fördermittel mehr zur Verfügung gestellt. Das sollte doch zu denken geben“, so Bernig.
Die Bäderlandschaft um Werder sei ausgeprägt, die Steintherme Belzig kämpfe ums Überleben. „Einige Bäder in Brandenburg, die einen größeren Einzugsbereich als Werder besitzen, mussten Insolvenz anmelden“, so Bernig mit Verweis auf Cottbus. Da Potsdam ein ähnlich großes Bad mit Wellnessbereich bauen wird wie Werder, seien die geplanten Besucherzahlen von 350000 im Jahr und die Wirtschaftlichkeit der Blütentherme in Frage zu stellen. Bernig: „Das Geld, das Werder als neues Mittelzentrum bekommt, sollte besser in soziale Projekten oder die Sanierung der Freibäder angelegt werden.“Henry Klix
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