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Potsdam-Mittelmark: Zwischen den Welten

Susanne Weisheit bringt Flüchtlinge und Deutsche zusammen – ein spannender, aber kein einfacher Job

Von Eva Schmid

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Stahnsdorf - Die Tür zum Büro von Susanne Weisheit im Stahnsdorfer Jugendclub ClaB steht offen, auf dem Tisch ein kleiner Laptop, drumherum haufenweise Zettel. Auf einem werden Deutschkurse angeboten, ein anderer wirbt für ein neues Begegnungscafé in Teltow. Die zierliche, 31 Jahre alte Frau mit der eckigen Brille ist so etwas wie ein wandelndes Adressbuch. Susanne Weisheit bringt Menschen zusammen, indem sie für sie das richtige Angebot findet und dort hilft, wo es gerade brennt. Sie bringt Flüchtlinge mit Teltowern, Kleinmachnowern und Stahnsdorfern zusammen. Interkulturelle Arbeit nennt sich das, angestellt hat sie das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk (EJF). Der Landkreis finanziert die Stelle.

„Wir sind gerade in einer wichtigen Phase“, sagt Weisheit. Viele Flüchtlinge aus der Region Teltow hätten mittlerweile eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Das seien neben Syrern auch viele Eritreer. „Jetzt muss es mit den Deutschkursen weitergehen und sie müssen mehr über den deutschen Arbeitsmarkt erfahren.“

Wo suche ich nach einem Job, wie finde ich eine Wohnung und warum brauche ich eine E-Mail-Adresse? Das, was für viele von uns nur wenige Mausklicks entfernt ist, stellt für manchen Flüchtling bei seiner Internetrecherche eine Hürde dar. „Immer wieder muss ich Geflüchteten, vor allem jenen aus afrikanischen Ländern, klarmachen, dass das Internet nicht nur Facebook und YouTube ist.“

Susanne Weisheit schaut auf den Bildschirm ihres Computers, derzeit plant sie ein Fußballturnier, an denen Heimbewohner aus Teltow und Stahnsdorf und Fußballer aus der Region teilnehmen sollen. Studiert hat die Potsdamerin Humangeografie und Soziologie. Sie spricht die afrikanische Sprache Suaheli und will demnächst noch die Landessprache Eritreas, Tigrinya, lernen. Ihre Liste mit Projekten und Ideen, die noch anstehen, ist lang. Ganz oben steht auch die Anti-Rassismus-Arbeit an Schulen. Auch Weisheit hat in den vergangenen Monaten bemerkt, wie sehr die rechte Szene in der Region Teltow Stimmung gegen Flüchtlinge macht.

Eigentlich wolle sie auch Menschen erreichen, die sich leicht von Pegida und Co. beeinflussen lassen, aber es sei schwer, an sie ranzukommen, sagt Weisheit. „Ich versuche es derzeit mit Ehrenamtlichen, die uns verbunden sind und stärke sie.“ Weisheit setzt auf ihre Kontakte und hofft, dass diese kritische Nachbarn oder Bekannte über Gerüchte aufklären. Die Sozialarbeiterin überlegt zudem, Argumentationstrainings anzubieten, um Populisten besser Paroli bieten zu können.

Die zierliche Frau arbeitet im Stahnsdorfer ClaB seit September vergangenen Jahres. Dort ist den Jugendclub-Mitarbeitern schnell klar geworden, dass sie den Bedürfnissen der jungen Flüchtlinge, die zu ihnen kommen, nicht immer gerecht werden können und die vielen ehrenamtlichen Angebote über eine eigene Sozialarbeiterstelle koordiniert werden müssten, so Weisheit. Deshalb bewarb sich das EJF beim Kreis um die Stelle für interkulturelle Arbeit.

Es sind vor allem Flüchtlinge zwischen 20 und 30 Jahren, die in Weisheits Büro kommen. Viele von ihnen trainieren regelmäßig an den Fitnessgeräten, die im Jugendclub umsonst genutzt werden können. „Minderjährige Geflüchtete werden durch Kita und Schule gut ins System integriert, bei den älteren ist das schwierig.“

Der Wille bei vielen sei da, nur wüssten die meisten nicht, wie man das am besten anstelle, das Integrieren. Vor wenigen Tagen hat Weisheit einem Mann aus Eritrea einen neuen Deutschkurs vermittelt. Er hatte nur eine Sprachschule in Potsdam angerufen, dort sollte ein Kurs aber erst im September starten. Weisheit hat den Mann nach Teltow geschickt. „Da fängt jeden Monat ein neuer Kurs an“, sagt sie und zieht triumphierend den Zettel mit dem passenden Angebot aus dem Papierchaos auf ihrem Schreibtisch hervor.Eva Schmid

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