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Potsdam-Mittelmark: Zwischen schön und Schutt

Fünf „Tonkünstler“ haben mit dem Glindower Keramikhof eine neue Atelierdresse geschaffen. Aber einiges bleibt am Standort der denkmalgeschützten Wassermühle noch zu tun

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Werder (Havel) - Seit einer Woche brennt Licht in den Werkstätten der Kreativgemeinschaft auf dem Keramik- und Kulturgut in Glindow. Bis vor Kurzem hatte es Strom nur mit Verlängerungskabel vom Wohnhaus gegeben. „Fertig sind wir noch lange nicht“, sagt Julia Winter mit Blick auf ihre Werkstatt. Sie ist eine von insgesamt fünf Keramikkünstlern, die sich ihren Traum vom gemeinschaftlich kreativen Leben erfüllen wollen. Noch komme man aber nicht zur Ruhe, sagt die Künstlerin. Wenn der Blick über das Gelände schweift, lässt sich nur erahnen, wie viel Arbeit noch in dem Grundstück und in den Häusern steckt. Immerhin: Ab April sollen endlich die fünf Künstlerateliers in der Remise fertig sein.

Angefangen hatte alles in Höhr-Grenzhausen bei Koblenz im Westerwald. An der renommierten staatlichen Fachschule für Keramik hatten sich Winter und die vier anderen angehenden Keramikkünstler kennengelernt. Schnell wurde klar, dass sie nach dem Studium etwas gemeinsam auf die Beine stellen wollten. Die Frage war nur´, wie – und vor allem wo. Auf der Handwerksmesse in München 2010 trafen sie Harald Diekmann, den Chef der Glindower Ziegelmanufaktur. Er erzählte von einem Grundstück, an dem er täglich vorbeifahre, so Winter, und wolle nachforschen, wem es gehöre. „Ich dachte nie daran, dass er sich noch mal melden würde“, sagt Winter. Doch er tat es.

Das Grundstück in Glindow besteht aus drei Gebäuden. Ein großes Eckhaus, ein sogenanntes Langhaus und eine Remise. Damals, 2011, standen von der Remise nur noch Teile der Außenmauern. Der Rest lag buchstäblich in Schutt und Asche. Das Langhaus war kurz zuvor noch bewohnt, aber in einem desolaten Zustand, das große Eckhaus unbewohnbar. „Als wir das Grundstück zum ersten Mal sahen, sind uns die Augen rausgefallen“, erinnert sich Keramikerin Julia Winter. Das Grundstück habe der Stadt Werder gehört und der Kaufpreis sei Winter zufolge aufgrund des Zustands der Häuser etwas günstiger gewesen.

Lange haben die Künstler überlegt, ob sie das Gebäude-Ensemble mitsamt Hof kaufen sollten. Nach einigen Förderanträgen und Gesprächen mit Banken stand schließlich die Finanzierung. Als erstes gingen die Keramiker das mehr als 100 Jahre alte Wohnhaus, das Langhaus, an. Neues Dach, neue Fenster und eine erneuerte Fassade böten nun bessere Wohnmöglichkeiten, als noch beim Kauf, so Winter. Noch werde mit Holz und Kohle geheizt, aber eine moderne Heizung ist bereits im Keller des Langhauses eingebaut, so Winter weiter. Als sich die Künstler an das große Eckhaus machten, entdeckten sie wenig später die ursprüngliche Funktion des Hauses als Wassermühle. „Der Keller ist ein Tonnengewölbe, daher steht das ganze Haus auch unter Denkmalschutz“, sagt Miteigentümer des Keramikhofs Mike Wagner. Um 1600 sei die Wassermühle erstmals erwähnt worden, so Wagner. Noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts war die Mühle der einzige Siedlungsort zwischen dem Dorf und den Ziegeleien am Glindowsee. Das alte Eckhaus, noch bis vor rund zehn Jahren bewohnt, ist noch eine große Herausforderung für die Inhaber des Keramikhofs. Wann der Um- und Ausbau erfolgt, ist noch völlig offen.

Eine Herausforderung, die zerfallene Remise, haben sie jedoch gemeistert. Nachdem der Schutt der vergangenen Jahrzehnte aus dem Innern herausgeholt wurde, konnte sich an den Wiederaufbau des Gebäudes gemacht werden. „Wir haben einen ganzen Container mit Teerdachpappe aus dem ganzen Schutt herausgesiebt“, sagt Julia Winter. „Ansonsten hätten wir für die ordnungsgemäße Entsorgung viel Geld bezahlen müssen.“

Geld ist bei den Keramikkünstlern knapp. Obwohl sie mit dem Keramikhof eine GbR gegründet haben, sei jeder für sich selbst verantwortlich, so Winter. Die Aufgaben auf dem Hof sind nach Fähigkeiten verteilt. Die Männer seien zum Beispiel für das Holz zum Heizen zuständig und die Frauen kümmerten sich um die Steuern, so Winter. Während die Selbstständigkeit bei den anderen gerade erst richtig startet, verkauft Keramikerin Julia Winter bereits seit zwei Jahren ihr Handwerk auf Märkten. „Es hat sich eben so ergeben“, sagt sie.

Die Remise ist mittlerweile fast fertig. Fünf Werkstätten, individuell auf die Bedürfnisse der Keramikkünstler abgestimmt, beherbergt die einstige Ruine. Viel Kraft und Engagement habe der Aufbau gekostet, so Winter. Die Gemeinschaft habe anfangs nicht gedacht, dass es so lange dauere, bis sie in ihren Werkstätten arbeiten können, so Winter weiter. Das nächste große Ziel steht gegenüber der Werkstätten. Das denkmalgeschützte Eckhaus, die einstige Wassermühle, soll irgendwann eine Kulturherberge für Gäste und Gastateliers für Künstler beherbergen. Geplant ist in diesem Jahr ein großes Sommerfest. Doch erst einmal sollen ab April feste Öffnungszeiten eingehalten werden. Björn Stelley

Geöffnet ab 1. April, donnerstags und freitags von 10 bis 17 Uhr sowie samstags von 14 bis 17 Uhr, Dr.-Külz-Straße 69

Björn Stelley

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