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Potsdam-Mittelmark: Zwölf Monate Weihnachten

Gerald Mai vom Tannenhof in Werder beschäftigen Weihnachtsbäume nicht nur im Winter

Von Enrico Bellin

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Werder (Havel) - Ein Duft von Weihnachten liegt über der Plantage in Werder. Frisches Tannengrün soweit das Auge reicht, auf 50 Hektar Fläche werden auf dem Werderaner Tannenhof Bäume gezüchtet, die den Menschen in der dunklen Jahreszeit zwei Wochen lang Leben in die Wohnung bringen sollen.

„Am stärksten duftet hier die Rotfichte“, sagt Karin Lorenz beim Rundgang am gestrigen Donnerstag. Mit ihrem Mann Gerald Mai betreibt sie den Hof. Gemeinsam mit drei fest angestellten Mitarbeitern sorgen sie dafür, das in jedem Jahr 20 000 Weihnachtsbäume den Hof verlassen. Derzeit werden die Bäume auf den Feldern markiert: Kranke oder verkrüppelte Exemplare werden in den Boden gemulcht, wer nicht gut gewachsen ist, wird zu Tannenzweigen für Floristen und Friedhöfe verarbeitet. Nur die schönsten Exemplare dürfen als Weihnachtsbäume auf dem Hof und an fast 30 Marktständen im Osten der Republik verkauft werden.

Bequem dürfe man sich das Leben des Weihnachtsbaum-Bauern nicht vorstellen. „Wir liegen nicht von Januar bis Oktober in der Hängematte“, sagt Gerald Mai. Schließlich sind die Bäume, wenn sie auf seine Plantagen gepflanzt werden, erst 15 bis 20 Zentimeter hoch. Vier Jahre lang sind sie da bereits in Baumschulen herangewachsen. Nach weiteren acht Jahren in Werder sind die Bäume dann knapp zwei Meter groß, so wie es die Kunden Mai zufolge am liebsten haben.

In der Zwischenzeit gibt es viel zu tun. Das Unkraut muss zwischen den Baumreihen entfernt werden, sonst haben die kleinen Bäume keine Chance, zu wachsen. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass die Bäume die richtige Form bekommen. „Besonders die Nordmanntanne will von Natur aus in die Breite wachsen“, so der Baumzüchter. Daher kürzt er starke Triebe an den Astgabeln, sodass nur die schwachen wachsen und der Baum schlank bleibt.

Etwa 10 000 Bäume bekommen auf den Plantagen jedes Jahr kleine Stäbe aus Holz angesteckt. Was aussieht wie eine Antenne, soll Vögel davon abhalten, sich auf die jungen Baumspitzen zu setzen. „Das könnte die Spitzen verbiegen und sie würden nicht mehr gerade wachsen“, so Gerald Mai. Nicht nur Vögel, auch Hasen und Rehe können den jungen Bäumen zusetzen, wenn sie frische Triebe anknabbern. Daher sind die Felder umzäunt, einige Tiere gebe es trotzdem.

Auf der Plantage wachsen zudem nicht nur Bäume. Ist ein Feld abgeernet, werden für zwei Jahre Lupinen und andere Pflanzen gesäht, die den Boden mit Humus anreichern. Pestizide setze man nur sparsam ein, bei Untersuchungen konnten laut dem Geschäftsführer in den vergangenen Jahren keine Rückstände in den Bäumen gefunden werden.

Dadurch fühlt sich auch eine Vielzahl von Tieren auf der Plantage wohl. Neben Hasen und Feldmäusen haben zwei Paar Habichte ihre Nester in der Nähe, ein Falkenhorst ist auch bewohnt. Dazu lebt ein Pärchen Waldohreulen – die mit den großen, buschigen Ohren – direkt am Haupthaus. Im Vorjahr hatten sie drei Junge. Nicht nur Tannen wachsen in Werder.

Auch wenn die Rotfichte am stärksten duftet: Beliebt ist sie nicht. „Die Nadeln beginnen schon nach ein oder zwei Tagen, abzufallen“, so Karin Lorenz. Daher sei der typisch mitteldeutsche Baum eher etwas für Liebhaber traditioneller Weihnachten, genau wie die Blaufichte. Deren Nadeln pieksen sehr stark, das Schmücken werde da schnell zur Herausforderung. Daher gibt es in Werder wie im Rest Deutschlands einen ganz klaren Favoriten: 90 Prozent der verkauften Weihnachtsbäume sind Nordmanntannen.

Und die wird in diesem Jahr genau wie in den Jahren zuvor für 20 Euro pro laufendem Meter zu haben sein, wie Gerald Mai versichert. Neu ist jedoch, dass von jedem verkauften Baum ein Euro an SOS-Kinderdörfer gespendet wird. An der Aktion beteiligen sich mehrere Baumerzeuger. Allein in Brandenburg wachsen jährlich mehr als 100 000 Weihnachtsbäume. Ein Drittel des Bedarfes von Berlin und Brandenburg kann inzwischen regional abgedeckt werden, sagt der Landesvorsitzende des Waldbauernverbandes, Enno Rosenthal.

Laut Gerald Mai ist die Regionalität einer der großen Vorteile des Tannenhofes, der ab dem 30. Oktober für Besucher geöffnet sein wird. Seit 2007 kann man in der Saison auf dem Hof in gemütlicher Athmosphäre Kaffee trinken und anschließend seinen eigenen Weihnachtsbaum aussuchen und schlagen. Wer es bequemer mag, kann aus schon gefällten Bäumen aussuchen.

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