
© Ulrich Amling
Restaurantkritik Sacrebleu!: Enoki-Pilze mit Tahini, Steak Tartare, glasierte Miso-Möhrchen
Kleines Team, große Träume: Das „Sacrebleu!“ will Weine und Speisen lässig zusammenbringen. Doch der Küche fehlt es dafür noch an Klarheit.
Stand:
Betrachtet man allein Neukölln, könnte man auf den Gedanken kommen, dass sich die Stadt mit kräftigen Schlucken einer gewissen Sättigung mit Weinbistros nähert. Tritt man aber einen Schritt zurück und blickt, sagen wir, vom kleinen Bordeaux aufs große Berlin, sieht die Sache schon ganz anders aus.
Und plötzlich ist man sich wieder völlig sicher: Es gibt noch viele unentdeckte Varianten, wie Essen und Getränke ungezwungen zueinander finden können.
Eine Weinbar will auch als Gegenentwurf zur Supermarkt-Mentalität verstanden sein
Das „Sacrebleu!“ unweit der Hermannstraße saugt seine Gäste sanft vorbei am Tresen in einen schmalen Gastraum mit dunklen Marmortischchen, auf denen Gläser und Teller wie von innen leuchten. Serviert wird nicht unbedingt das, was man sich ausgeguckt hatte. Gedruckte Karten verlieren schnell ihre Aussagekraft, wenn der Alleinkoch gerade nicht alle Zutaten bekommen hat und der Sommelier vor der nächsten Weinlieferung mit den noch vorhandenen Flaschen jongliert.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Eine Weinbar will auch als Gegenentwurf zur Supermarkt-Mentalität verstanden sein, und eine gewisse Flexibilität erhöht die Chancen auf einen gelungenen Abend.
Herr über die Flaschen im „Sacrebleu!“ ist Alexandre Fleck, der aus Paris stammt und in Berlin unter anderem das Weinangebot des „Fish Klub“ bestückt sowie im Naturwein-Handel gearbeitet hat. Für ihn ist ein Wein umso besser, je weniger technischen Eingriffen er ausgesetzt war.
Das führt zu einer erstaunlich harmonischen Weinkarte, deren Reiseroute von der Pfalz über die Loire bis nach Georgien führt und dabei nicht nur Naturwein-Freaks mitnimmt. Auch finden sich einige sehr fair bepreiste Flaschen auf der Karte, einzelne Gläser rangieren zwischen 8 für einen mittelgewichtigen Roten aus der Provence und 12 Euro für Champagner.
Wein verstärkt, was auf den Teller kommt
Der Sommelier versteht sich hier klassisch als Hüter der besten Weinkombinationen zum Essen. Und das ist gar nicht so einfach. Ahmed Omer Ahmed, zuletzt im „Tisk“ am Herd, versucht im „Sacrebleu!“ eine Fusion aus französischer Bistro-Fülle und japanischem Umami-Kick.
Seine gebratenen Enoki-Pilze mit Teriyaki-Trüffel-Sauce und Tahini-Spritzern verschwinden hinter einer Wand aus Salz, die kein Wein zu durchdringen vermag. Die schön anzusehenden glasierten Möhrchen wurden allzu lange in Miso gedünstet, büßen an Biss ein und schmecken vor allem malzig-süß, was jeden trockenen Schluck dazu sauer erscheinen lässt.
Die Shimeji-Pilzköpfe auf dem Steak Tartare haben gar keinen Eigengeschmack, das Rindfleisch ist gefangen in einer Sauce mit Ketchup-Anklängen und wird von der gegrillten Brotseite her durch eine Mayonnaise weiter unter Druck gesetzt. Das Boeuf Bourguignon hätte sich über die klassische Aufmerksamkeit gefreut, Zutaten unterschiedlich lang zu schmoren, um Geschmack und Textur zu erhalten (Teller 6 bis 17 Euro).
Die Suche nach purem Weingenuss ruft nach einer Küche, die Klarheit nicht scheut. Im „Sacrebleu!“ kann sie von den Winzern das Weglassen lernen und sich schneller anpassen als sie. Wein macht man nur einmal im Jahr, am Herd kann man jeden Tag neu beginnen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: