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Aufstieg. Vor wenigen Jahren spielte Kristian Pedersen in Dänemark noch vor 500 Zuschauern, mit dem 1. FC Union will er in die Bundesliga.

© Imago/Contrast

1. FC Union Berlin: Kristian Pedersens unmögliche Karriere

Kristian Pedersen kam aus der zweiten dänischen Liga – und ist jetzt die Entdeckung der Saison. Heute spielt er mit Union beim Karlsruher SC.

Richtig gewöhnt hat sich Kristian Pedersen noch nicht an seine neuen Arbeitsplätze. Auch nach mehr als einem halben Jahr fühlen sich die Stadien, in denen er als Verteidiger für den 1. FC Union aufläuft, groß und ungewohnt, beinahe unwirklich an. So wie am Sonntag, wenn um die 20 000 Zuschauer in Karlsruhe das Berliner Gastspiel ab 13.30 Uhr (live auf Sky) verfolgen werden. „Ich bin immer noch ziemlich aufgeregt“, sagt Pedersen, dessen ruhige und langsame Art zu reden es eigentlich kaum vorstellbar erscheinen lässt, dass dieser Mann auch mal nervös werden könnte. „Doch, doch“, sagt der 22 Jahre alte Däne, „wenn ich in die Stadien einlaufe, staune ich jedes Mal wieder, was hier selbst in der Zweiten Liga los ist.“

Pedersen ist in einer Welt gelandet, die er vor nicht allzu langer Zeit nur als Fernsehzuschauer verfolgt hat. Seine Geschichte ist eigentlich unmöglich geworden in der heutigen Zeit, in der Talente schon im frühesten Kindesalter erkannt und in den Nachwuchszentren der Profiklubs ausgebildet werden. Solch eine Einrichtung hat Pedersen nie besucht. Wie ein aus der Zeit gefallenes Geheimnis des Fußballs kommt Pedersen daher, so geheim, dass selbst die allwissende Online-Enzyklopädie Wikipedia kaum etwas über ihn weiß, nicht einmal seinen Geburtsort.

Geboren ist Kristian Majdahl Pedersen in Ringsted auf Seenland, 30 000 Einwohner, jeder kennt jeden. Beim Amateurklub Benlöse IF begann er mit dem Fußball. „Ich mag das Beschauliche“, sagt er. Berlin ist nicht nur sportlich eine andere Welt. „Die Stadt ist riesig, aber bisher hatte ich kaum die Gelegenheit, etwas von ihr zu entdecken.“ Pedersens Radius reicht hauptsächlich von seiner Köpenicker Wohnung bis zum Vereinsgelände.

So viel trainiert und gespielt wie hier hat er in seinem Leben noch nie

So viel trainiert und gespielt wie hier hat er in seinem Leben noch nie und es ist erstaunlich, wie locker sein 1,89 Meter großer und 84 Kilo schwerer Körper die Belastung wegsteckt. Vor drei Jahren noch spielte Pedersen in der vierten dänischen Liga, das Niveau dort ist in etwa vergleichbar mit der deutschen Landesliga. Drei Mal in der Woche trainierte sein Klub Ringsted IF, jeweils nach Feierabend. Da war Pedersen schon 19 und in einem Alter, in dem die Hochbegabten seines Landes irgendwo in England oder bei einem großen Klub in Kopenhagen unter Vertrag standen. „Bei mir gab es auch die ein oder andere Anfrage, aber konkret wurde es nie und so war Profifußball für mich immer ganz weit weg“, sagt er. Daran änderte auch sein Wechsel zu Köge BK in die zweite dänische Liga nichts. Im Schnitt verfolgten 500 Zuschauer die Spiele.

Mehr zwar als in Ringstedt, aber immer noch nicht annähernd so viele wie jetzt in Berlin. Köge wurde aus anderen Gründen zum entscheidenden Wendepunkt in Pedersens Karriere, weil er dort in seinem Namensvetter Henrik auf einen Trainer traf, der als erster sein Potenzial als linker Außenverteidiger entdeckte. Als Henrik Pedersen im Sommer 2016 Kotrainer bei Union wurde, gab er dem Verein bei der Suche nach einem neuen linken Verteidiger einen Tipp. Auch Borussia Mönchengladbach hatte zuvor Interesse gezeigt und ihn ins Trainingslager eingeladen, doch wie so oft in Pedersens Karriere wurde es nichts. Union griff dagegen zu und zahlte gerade mal 250 000 Euro. Heute ist er ein Vielfaches wert. Kristian Pedersen ist die Entdeckung dieser Zweitliga-Saison.

In 19 von 20 Saisonspielen stand er über die volle Distanz auf dem Platz. „Was Kristian spielt, ist unglaublich“, sagt Trainer Jens Keller. Pedersen ist enorm zweikampfstark, schnell und seine Flanken werden mit jeder Woche präziser. Angeblich haben einige Bundesligisten an dem Verteidiger Interesse. Wenn Union und Pedersen weiter so erfolgreich spielen und auch ohne den gesperrten Kapitän Felix Kroos in Karlsruhe gewinnen, muss der Däne womöglich gar nicht wechseln, um in der kommenden Saison in der Bundesliga zu spielen.

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