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Sebastian Polter war bei seinem Comeback an beiden Berliner Toren beteiligt.

© Britta Pedersen/dpa

1. FC Union: Wo ein Polter ist, ist auch ein Weg

Dem 1. FC Union mangelt es offensiv noch zu oft an spielerischer Klasse – weshalb das märchenhafte Comeback von Sebastian Polter umso wichtiger ist.

Von David Joram

Tim Walter schob Frust, das war nicht zu übersehen. Als es darum ging, ein am Ende aufreibendes Fußballspiel zwischen dem 1. FC Union und Holstein Kiel zu analysieren, wie es eben Usus ist in der Zweiten Liga, da sprach der Kieler Trainer davon, dass es immer „scheiße“ sei, in der 90. Minute zu verlieren. Walter stützte seine klare Aussage auf eine Analyse, die sich von derjenigen des Berliner Trainers Urs Fischer gänzlich unterschied. „Ich glaube, heute hat nicht die bessere Mannschaft gewonnen, sondern die glücklichere“, sagte der Kieler. „Ich glaube, gerade aufgrund der zweiten Halbzeit sind wir als verdienter Sieger aus diesem Spiel gegangen“, sprach der Berliner.

Rein pragmatisch gesehen, und ein Pragmatiker ist Fischer nun mal, spricht einiges für die Interpretation des Schweizers. Denn diesen Hinweis gab Fischer ja auch: „Am Schluss sind das enge Spiele. Du musst bis zum Schluss bereit sein.“ Und genau das waren die Berliner, weshalb Grischa Prömel in der 90. Minute doch noch zum 1:0 einschoss. Fischer durfte philosophisch werden: „Wenn du das Tor in der 90. Minute erzielst, hat der Gegner nicht mehr so viel Zeit.“

Andererseits spricht auch einiges für Walters Version. Denn als die protestierenden Fans im Stadion An der Alten Försterei ihren Stimmungsboykott nach 20 Minuten beendet hatten, ihre vielen rot-weißen Fahnen und Banner entrollten, die Stimmen und die Hände erhoben, da blieben die Unioner auf dem Platz genauso blass wie in der Anfangsphase. Ideen- und chancenlos gestalteten sie die erste Halbzeit, scheinbar krampfhaft darum bemüht, Kiels Torhüter Kenneth Kronholm einen ruhigen Dienstagabend zu ermöglichen.

Dabei hatte Fischer mit Simon Hedlund, Christopher Lenz und Robert Zulj drei frische Kräfte im Vergleich zum müden 1:1 bei Arminia Bielefeld auf den Platz geschickt, natürlich auch in der Hoffnung, dass gerade Zulj und Hedlund das fade Offensivspiel beleben würden. Doch es blieb antriebslos.

Union ist präsenter - und hat Polter

Die keineswegs übermächtigen Kieler, beobachtet vom stellvertretenden Bundestagspräsidenten Wolfgang Kubicki (FDP), kamen wesentlich leichtfüßiger daher. Jae Sung Lee und David Kinsombi bemühten sich um Spielkultur und schufen zwei, drei gute Möglichkeiten.

Die Unioner? Schimpften stattdessen lautstark, Torwart Rafal Gikiewicz mit seinen teils unkonzentrierten Defensivkräften, Fischer mit der ganzen Mannschaft. Erst kurz vor dem Pausenpfiff durfte der Trainer die erste Chance notieren, einen Kopfball von Florian Hübner nach Trimmels Freistoßflanke.

Spielerisch blieb das Duell im zweiten Abschnitt ein maues. Und keinesfalls war es, wie von Fischer beschrieben, so, dass Union die „klar bessere Mannschaft“ stellte. Richtig war indes, dass sie, auch das merkte Fischer an, „mehr Aktionen Richtung Tor“ hatten. Außerdem hatten die Köpenicker noch Sebastian Polter, ohne den sich hinterher die rund 20.000 Union-Fans wohl über ein müdes 0:0 beklagt hätten. Polter, eingewechselt in Minute 76, wirkte wie die Zündschnur für ein Silvesterfeuerwerk. Was dem zuvor kraftlos wirkenden Sebastian Andersson abhanden gekommen war, stellte er sofort her: Präsenz. Vor allem aber bereitete der 27-Jährige Prömels Treffer vor und erzielte das 2:0 per Fallrückzieher gleich selbst. Es dürfte der wiedergenesene Stürmer sein, der für Fischers Interpretationen künftig stichhaltige Belege liefert – und bei den gegnerischen Trainern für noch mehr Frust sorgt.

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