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Ivan Perisic (eingerahmt von Trainer Dieter Hecking und Manager Klaus Allofs) trägt künftig beim VfL Wolfsburg die Nummer 9. Die hatte auch mal Edin Dzeko inne.

© dpa

Perisic kommt: Abspecken auf Wolfsburger Art

Der VfL Wolfsburg will seinen von Felix Magath aufgeblähten Kader verkleinern, holt mit Ivan Perisic aber erst einmal einen neuen Spieler. Wie passt das zusammen?

Von Christian Otto

Es war abzusehen, dass sich seine beiden Vorsätze für das neue Jahr in die Quere kommen. Klaus Allofs, seit sieben Wochen beim VfL Wolfsburg beschäftigt, möchte gerne wieder mehr Sport treiben. Doch seit seinem Wechsel von Werder Bremen zu den Niedersachsen macht der VfL-Geschäftsführer nur anderen Beine. Um dem neuen Trainer Dieter Hecking die Arbeit zu erleichtern, wird kräftig ausgemistet. 32 von 40 Spielern, die für den Profikader in- frage kommen, durften mit ins Trainingslager im türkischen Belek fliegen. Sie stehen dort unter erheblichem Zugzwang. Mit der Verpflichtung des kroatischen Stürmers Ivan Perisic von Borussia Dortmund hat sich der Konkurrenzdruck weiter erhöht. Das Casting an der türkischen Riviera gehört zu den härtesten, die die Fußball-Bundesliga derzeit zu bieten hat.

Die vielen Nachfragen, wer denn nun wann wohin verkauft oder ausgeliehen wird, nerven den neuen Fußball-Entscheider. Aber Allofs ist vom Volkswagen-Konzern, der den VfL Wolfsburg großzügig finanziert, auch dafür geholt worden, dass er auf Kritik mit Charme reagiert. „Ich bin froh, dass wir den Anfang gemacht haben“, sagte der sichtlich gut gelaunte Allofs, als er nach dem erfolgreichen Abwerben von Hecking (zuletzt 1. FC Nürnberg) auch seinen ersten Spielereinkauf in neuer Funktion abgewickelt hatte. 7,5 Millionen für einen 23 Jahre alten Reservisten des Meisters aus Dortmund – die Wucht, mit der sich der VfL Wolfsburg die Dienste von Perisic gesichert hat, lässt die Konkurrenz aufhorchen. Denn sie wird tatsächlich auch von der Wolfsburger Selbsterkenntnis begleitet, dass ein kostenintensiver Umbruch überfällig ist. „Das ist nicht gut für ein Team“, gestand auch Perisic, als er gleich zur Begrüßung in Belek zur Vielzahl seiner potenziellen Kollegen befragt wurde.

Dummerweise verleitet ein Könner wie Perisic gleich wieder zum Träumen. Sie haben ihm das Trikot mit der Nummer 9 gegeben, zu dessen Vorbesitzern in Wolfsburg ein gewisser Edin Dzeko gehörte. Die verblüffende Ähnlichkeit von Perisic mit dem Bosnier, der den VfL 2009 zur Meisterschaft geschossen hatte, trübt den Blick auf die aktuellen Probleme. Trotz millionenschwerer Investitionen überwintert der VfL nämlich auf Platz 15. Das schwere Erbe von Felix Magath, dessen Machtfülle als Trainer und Manager mehr Verdruss als Erfolg gebracht hat, wird die Arbeit seines Nachfolgers Allofs noch eine ganze Weile überlagern. „Es wird anders“, sagt der smarte neue VfL-Chef, wenn er erklären soll, was er mit dem bundesweit nur bedingt beliebten Fußballstandort Wolfsburg anstellen will.

Das neue Führungsduo des VfL gibt sich erstaunlich selbstbewusst und hinterlässt einen sehr entschlossenen Eindruck. „Das Wichtigste ist, dass wir hier schnell zu einer Einheit werden und dass die Mannschaft versteht, was ich will“, sagt Hecking, der sich bis 2016 an den VfL gebunden hat. Auch Allofs denkt an einen längerfristigen Verbleib und will eine Kontinuität vorleben, die dem VW-Verein seit geraumer Zeit fremd geworden ist.

Mit dem Ausleihgeschäft von Verteidiger Marco Russ, der vorerst zu Eintracht Frankfurt zurückkehrt, hat das Abspecken behutsam begonnen. Die Mehrheit der Spieler soll wieder das Gefühl bekommen, in Wolfsburg auch wirklich gebraucht zu werden. Und die Fans sollen eine realistische Chance haben, sich auch wirklich alle Namen im Kader merken zu können. Allofs findet schon jetzt, dass der VfL Wolfsburg dank dieser selbstkritischen Ansätze ein wenig sympathischer geworden ist. Die Anhänger von Werder Bremen, wo er aus seinem laufenden Vertrag herausgekauft worden ist, und des 1. FC Nürnberg, bei dem mit Hecking gleiches passiert ist, sehen das vielleicht noch ein wenig anders.

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