zum Hauptinhalt
Fliegende Fäuste. Arthur Abraham trifft am Samstag in Berlin auf Paul Smith.

© dpa

Box-Weltmeister kämpft in Berlin: Arthur Abraham ist sich selbst der härteste Gegner

Weltmeister Abraham kämpft an diesem Samstag in Berlin gegen Paul Smith. Doch vor allem kämpft der Berliner Boxer gegen sich selbst.

An der einen langen Wand des Gyms hängt ein schwarzes Brett mit zwei, drei Sinnsprüchen. Hat Trainer Ulli Wegner eigenhändig aufgeschrieben und festgeklebt. Einer lautet: „Erfolg steigt nur zu Kopf, wenn dort der erforderliche Hohlraum ist.“ Arthur Abraham läuft daran vorbei, was nicht heißen muss, dass er den Zettel nicht schon längst gelesen hat. Ulli Wegner kümmert sich mit größter Hingabe und Wachsamkeit um seinen Spezi, wie er seinen Boxweltmeister gelegentlich nennt. Der 72-Jährige wird ihm diesen Spruch auch schon gesagt haben. „Arthur muss geführt werden“, sagt Wegner. Seinen Augen im Gym entgeht nichts.

Aber Wegners Augen sind nicht überall. Es gibt auch ein Leben außerhalb des Gyms. Arthur Abraham ist zwar ein gelehriger Schüler, aber auch einer, der nicht immer Schüler ist, sondern ganz gern auch Champion und das Leben dazu liebt: öffentliche Termine, große Geschäfte, schnelle Autos, kulinarische Köstlichkeiten. Verzicht falle ihm nun mal schwer, sagt der 34 Jahre alte Boxer. Auch deswegen ist er in den vielen Jahren immer mal wieder mit dem „Herrn Wegner“ aneinandergeraten. Solange Abraham seine Kämpfe gewann und zwischen 2006 und 2009 ungeschlagener Weltmeister war, ging das gut. Später, als er zwei Kämpfe nacheinander verlor, stand die Zusammenarbeit auf der Kippe

Trainer verlangt volle Hingabe

„Sein Potenzial ist von Natur aus so groß, dass er noch einige Jahre Weltmeister bleiben kann“, sagt Wegner und zieht seine Augenbrauen hoch. „Aber er muss wollen und sich dem Leistungssport total unterordnen.“ Der passende Sinnspruch an der Wand im Gym dazu: „Nichts ist so alt wie der Erfolg von gestern.“

Seit März 2014 und seinem Sieg über den Russland-Deutschen Robert Stieglitz aus Magdeburg ist Arthur Abraham wieder Weltmeister im Super-Mittelgewicht. Diesen Titel nach WBO-Version verteidigt er Samstagnacht in seiner Wahlheimat Berlin gegen den Engländer Paul Smith in der Arena am Ostbahnhof (22.30 Uhr/live bei Sat 1). Vor einem halben Jahr gab es dieses Duell in Kiel schon einmal. Abraham gewann klar nach Punkten. Die Engländer waren da ganz anderer Meinung, weswegen ihm Abraham noch in derselben Nacht eine Revanche anbot.

Keine störungsfreie Vorbereitung

„Wir haben einiges verändert im Training, dieses Mal werden wir die Punktrichter nicht benötigen“, sagt Smiths Liverpooler Trainer Joe Gallagher. „Nach sieben oder acht Runden wird einer der beiden liegen.“ Keine Frage, der 32 Jahre alte Smith ist ein tapferer Kämpfer, mit guter Moral, aber doch in seinen Mitteln auch limitiert. Wie so oft hängt es mehr von Abraham selbst ab, was ein Gegner wie Smith ausrichten kann. Auch wenn ihn Samstagnacht 2.000 Fans von der Insel in der Halle unterstützen wollen.

Auch diese Vorbereitung lief für Arthur Abraham nicht störungsfrei. Von Gewichtsproblemen war da die Rede, weshalb Wegner den für seinen Geschmack zu leicht ablenk- und verführbaren Schützling in der spröden Sportschule Kienbaum vor den Toren Berlins einkasernierte. Das tat er nicht das erste Mal vor wichtigen Kämpfen, beide haben darin eine gewisse Übung. Und es hat wohl gewirkt. „Ich denke, er hat in den letzten Tagen begriffen, worum es geht“, sagt Wegner. „Der Ring ist für Arthur der Rote Teppich.“ Nichts anderes.

Geburtstag vor dem Kampf

Arthur Abraham gibt sich vor dem Kampf gewohnt höflich und freundlich. Eine jeweils von ihm und Trainer Wegner gefertigte 3-D-Figur in Flaschengröße überreicht er seinem Herausforderer und dessen Trainer: „That’s for you, my friend“, sagte er bei der Übergabe. Nicht ohne darauf zu verweisen, dass das nicht für seinen WM-Gürtel gelte. Er habe hart gearbeitet, um seinen Titel erfolgreich zu verteidigen. Smith sei ein netter Kerl, der bestimmt alles geben werde, aber das werde am Ende nicht reichen. „Ich werde sehr eindeutig gewinnen, dieses Mal wird es brutal für ihn.“

Das Einzige, was Arthur Abraham dazwischenkommen könnte, wäre eine ausschweifende Party zu seinem Geburtstag. Am Freitag, einen Tag vor dem Kampf, ist er 35 Jahre alt geworden. Ulli Wegner weiß das aber auch.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false