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An den Ringen.

© IMAGO/Shotshop

Artisten in der Schule: Blaue Flecken, schmerzende Hände, aber ganz viel Spaß

Akrobatik für alle. Der Berliner Schulzirkus „Molto Vitale“ vereint soziale und sportliche Aspekte. Schülerpraktikantin Ava Kadau berichtet über ihre Erfahrungen als Artistin.

Von Ava Kadau

Stand:

Der Zeitpunkt, wenn es dunkel ist. Du sitzt und wartest, bis langsam das Licht und die Musik angeht, ist der aufregendste. Du musst an so viele Dinge gleichzeitig denken. Dann hörst du sie, siehst langsam die gespannten Blicke aus dem Publikum und weißt, gleich kommt dein Einsatz. Du musst bei dir bleiben, Ruhe bewahren, ein letztes Mal tief einatmen. Du guckst deine/n Partner*in an und dann geht alles ganz schnell.

Über ein Jahr trainieren die Schüler*innen der Emil-Molt-Schule in Zehlendorf für ihre Auftritte. Eine bis anderthalb Stunden müssen eingeplant werden für jede der verschiedenen Disziplinen wie beispielsweise Trapez, Vertikaltuch, Ring, Jonglage und Sprung.

Das Training findet in der Turnhalle und im Saal der Schule statt. Das hat vor und Nachteile. Einerseits können nach einem stressigen Schultag lange Anfahrtswege vermieden werden, andererseits können sich die Artisten teilweise bis 20 Uhr in der Schule aufhalten.

Teamsport oder Einzelkampf?

Auf den ersten Blick hat Zirkus nicht großartig etwas mit Teamsport zu tun, jedenfalls nicht wie Fußball, Basketball oder Hockey. Trotzdem ist jedes Mitglied wichtig, vor allem, wenn sich einer verletzt.

Klar hat man blaue Flecken, schmerzende Hände oder hier und da offene Wunden, aber ich denke, das ist beim Sport normal. Wenn es passieren sollte, dass sich jemand ernsthaft verletzt, ist man auf die Hilfe von jedem einzelnen angewiesen. Entweder es wurde schon eine zweite Besetzung im Voraus geplant oder aber es werden möglichst schnell andere Akrobaten gesucht, die diese Disziplin auch beherrschen.

Zirkus ist viel mehr als ein Sport. Es ist das Zusammenspiel zwischen Kraft, Rhythmus und Gefühl.

Ava Kadau, Schülerpraktikantin

Der Zirkus vereint viele soziale sowie sportliche Aspekte. Abgesehen davon, dass Kraft, Kondition und Flexibilität trainiert wird, ist auch der zwischenmenschliche Umgang ungemein wichtig. Es steigert das Selbstbewusstsein, aber auch die Fähigkeit, in Stresssituationen respektvoll miteinander umzugehen. Auch wächst die Zirkusgemeinschaft mit der Zeit zunehmend zusammen, was durch die Tournee nochmal stark geprägt wird. Somit lernt man Dinge, die einem so in der Schule niemals beigebracht werden können.

Das Verhältnis zwischen Trainer*innen und Akrobaten?

Zwischen Trainer*innen und Akrobat*innen herrscht ein ausgewogenes Verhältnis. Da die Trainer*innen alle selbst einmal in diesem Zirkus und somit auf der Schule waren, kennen sich viele der Ehemaligen noch und sind somit befreundet. Aber auch die Jüngeren werden gut integriert.

Wie ist der Zirkus Aufgebaut:

Es gibt bis zu 19 verschiedene Disziplinen. Diese sind meist unterteilt in klein und groß. In Disziplinen, die stark belegt sind, wie Einrad fahren, wird auch mittel angeboten. In welche der Gruppen die Artist*innen dürfen, hängt stark von der Leistung und dem Alter dieser ab. Eine Person darf bis zu vier Disziplinen belegen. Teilnehmen dürfen die Artisten ab der fünften bis zur 13. Klasse. Mit auf Tournee erst ab sechster Klasse. Über ein Jahr studiert der Zirkus die verschiedensten Choreografien ein. Dann kommt es zur Zirkuswoche, die immer im Frühjahr stattfindet. In dieser Woche gibt es bis zu sechs Auftritte.

Für mich ist der Zirkus ein Ort, indem man mal ganz abschalten kann.

Ava Kadau

Alle zwei Jahre gibt es in der Woche darauf eine Tournee, die innerhalb Europas stattfindet. 2016 ging es beispielsweise nach England, dieses Jahr fahren wir nach Frankreich. Dort kann praktischerweise gleich das in der Schule gelernte Französisch angewendet werden, so wird auch die Schule nicht vernachlässigt. Auf die Tournee kommen nicht nur Schüler*innen und Trainer*innen mit. Auch helfende Eltern, die sich um die Kostüme, Maske, Kulisse sowie Versorgung kümmern, sind dabei. Zudem gibt es weitere Helfer, die sich um den Aufbau, Abbau und Umbau, vor, während und nach er Show kümmern. So ist das Team seit 25 Jahren immer mehr gewachsen und es gibt bis zu 200 Mitglieder.

Wofür steht Molto Vitale:

„Molto Vitale“ (auf Deutsch: „sehr lebendig“) soll die Botschaft von Lebensfreude, Energie und Dynamik vermitteln, diese Begriffe soll das Publikum mit den Aufführungen des Zirkusses verbinden und auch das tut es für mich.

Für mich ist der Zirkus ein Ort, indem man mal ganz abschalten kann. Man wird in eine andere Welt hineingezogen und verzaubert von den bunten Kostümen, der Musik und der Geschichte, die hinter jeder der Aufführungen steckt. Es ist ein Ort, in dem Menschen zusammenkommen und gemeinsam staunen, lachen und mitfiebern.

Klar ist es manchmal schwer und man hat keine Lust zum Training zu gehen, aber wenn sich im Finale der Vorhang öffnet, man in all die frohen Gesichter blickt und der laute Applaus zu hören ist, weiß man, dass sich alles gelohnt hat.

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