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Sport: Au weia!

Trainer Peter Neururer muss beim 2:6 gegen Mainz erkennen, dass sein VfL Bochum nicht erstligareif ist

In den Katakomben stand Peter Neururer eine Stunde nach Spielende Rede und Antwort. Es war ein kleines Zeichen von Größe. In dieser schweren Stunde nach der 2:6-Niederlage gegen Mainz ließ der Trainer des VfL Bochum sich nicht eskortieren von Pressesprechern, die einige Wochen lang versucht hatten, ihn vor unbedachten Äußerungen zu bewahren. Für ihn zähle nur das Wort des Präsidenten, sagte Neururer. Und der habe ihm den Rücken umso mehr gestärkt, je weicher ihm die Knie geworden seien. Deshalb denke Neururer nicht daran aufzugeben, auch nicht im Falle des Abstiegs.

Der VfL ist dem Abstieg geweiht, aber die Professionalität verbietet es einem jeden Trainer, das Scheitern einzuräumen, solange das amtliche Endergebnis nicht feststeht. Auf dem Fußballplatz haben die Bochumer Spieler alle erdenklichen Argumente dafür geliefert, dass die aktuelle Hochrechnung bei der Auszählung der letzten drei Spieltage keine nachhaltige Korrektur mehr erfährt. Hilflos über den Rasen irrend, manövrierten sie ihren Trainer an die Grenze zur Lächerlichkeit. Nie sei er vor einer Partie so fest davon überzeugt gewesen zu gewinnen wie vor diesem Spiel gegen Mainz, hatte Neururer zum Besten gegeben. Es hat großsprecherisch geklungen, aber den Druck auch von der Mannschaft genommen und auf den Trainer fokussiert – eine alte, oft erfolgreiche Masche Neururers. Die Spieler wussten mit dieser Art von Psychologie nichts anzufangen. Als Überzeugungstäter stand der Trainer an diesem warmen, trauerumrandeten Bochumer Nachmittag allein da. Seiner kickenden Crew fehlte im so genannten Abstiegsgipfel der Glaube an die eigene Stärke. „Wir haben vieles von dem kaputt gemacht, was wir uns in den zurückliegenden Wochen aufgebaut haben“, sagte VfL-Kapitän Dariusz Wosz. Die Leistung der Mannschaft sei „gleich null gewesen“.

Nie waren die Bochumer so weit davon entfernt, einen Konkurrenten aus dem unteren Drittel in Schach zu halten wie bei dieser historischen Niederlage. Nur einmal in ihrer drei Jahrzehnte währenden Bundesligageschichte haben sie im Ruhrstadion höher verloren: beim 0:5 gegen den FC Bayern. Mainz ist nicht München, sondern ein Liganeuling, der in Bochum unbeschwert auftrat, obwohl er nicht sorgenfrei ins Spiel ging. „Wir haben einen großen Schritt gemacht“, sagte Jürgen Klopp, der Trainer des FSV, der sich seiner Sache so gut wie sicher sein kann, bei nun acht Punkten Vorsprung vor dem sechzehnten Tabellenplatz. Neururer nahm diesen verbalen Pass auf: „Auch wir haben einen großen Schritt gemacht, aber in die falsche Richtung.“ Unter dem Eindruck dieses Spiels, vor allem der zweiten Halbzeit, sei es unangebracht, Zuversicht zu verbreiten, sagte der sonst so notorische Optimist. Allerdings schickte er pflichtschuldig hinterher, dass der letzten Chance gegen Mainz „an diesem Samstag in Nürnberg die allerletzte Chance“ folge.

Jürgen Klopp hat solche Sorgen nicht mehr. Als der Mainzer Trainer auf seinen Bochumer Kollegen Neururer wartete, rief ein älterer Herr ihm zu, er solle doch schon mal sein „Gedicht aufsagen“. Klopp reagierte zunächst nicht. Doch als der Herr aus dem Off den Druck erhöhte („Ihr Bus fährt gleich ab“), lächelte Klopp und verwies freundlich auf den Fahrplan. „Ohne mich fährt unser Bus nicht ab.“ Neururer dagegen wird sich daran gewöhnen müssen, dass die Bundesliga demnächst ohne ihn auskommen wird.

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