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Bilder der Nacht, für Fans gemacht: Nach seinem NBA-Sieg wird Dirk Nowitzki auch in Deutschland massentauglich - in unzähligen Übertragungen bundesweit.

© dapd

Nowitzki-Feier in der Hauptstadt: Basketball-Berlin wacht auf

Lange war Dirk Nowitzki aus deutscher Sicht ein Geschöpf der Nacht. Als NBA-Meister und wertvollster Spieler wird er jetzt auch im Hellen gefeiert - zum Beispiel in der Magnet-Bar in Mitte.

Fassungslosigkeit. Als Dirk Nowitzki ergriffen-ungläubig direkt nach Spielschluss in die Kabine eilt, herrscht auch vor der Leinwand überwältigte Stille. Zwei Stunden lang hatten über 100 Basketball-Fans in der Magnet-Bar in Berlin-Mitte mit dem Deutschen und seinen Dallas Mavericks gezittert und gejubelt, unter ihnen auch Alba Berlins Vizepräsident Henning Harnisch und Assistenztrainer Konstantin Lwowsky, hatten die Nacht zum Tage gemacht, doch jetzt konnte es niemand so richtig glauben. Zum ersten Mal war ein deutscher Basketballer NBA-Champion.

Erst als Nowitzki aus der Kabine zurückkehrt, sich Meister-T-Shirt und -Kappe überstülpt und die Trophäe in Richtung Hallendach reckt, traut sich auch das Bar-Volk zu feiern. „MVP, MVP“, stimmen sie an, als der Deutsche zum besten Spieler der Finalserie gekürt wird, draußen ist es längst hell, aber über den Rosenthaler Platz hallt es immer wieder aus den Kehlen heimkehrender Basketballfans, „MVP, MVP!“
Dirk Nowitzki hat es geschafft: Er ist nicht nur „World Champion“ geworden, wie die Amerikaner bescheiden ihre Meister nennen, sondern er hat auch die Deutschen in Scharen aus den Betten geholt. Lange war Nowitzki ein Geschöpf der Nacht, einer der größten Mannschaftssportler, die Deutschland je hervorgebracht hat, aber eben auch einer, der spielt, wenn man hierzulande schläft. Dazu konnte man seine NBA-Spiele zuletzt nicht einmal im Fernsehen verfolgen, es gab keinen übertragenden Sender in Deutschland.

Doch für die Möglichkeit, ihn Meister werden zu sehen, bleiben sie nun auf, von Würzburg, Nowitzkis Heimatstadt, bis nach Berlin. Viele verfolgen die Partie zu Hause im Internet oder im kurzfristig auf die Euphoriewelle aufgesprungenen Bezahlfernsehen, einige zieht es in die Bars. Aber viele Kneipenbesitzer verschlafen das Event, spielen lieber Musik für das Partyvolk, das nach dem Karneval der Kulturen noch weiterfeiern will.

Auch im Keller der Magnet-Bar, wo sonst Fußballübertragungen laufen, stehen einsame Gestalten mit Mikrofon vor einem Flachbildfernseher und jaulen Karaoke-Lieder, Internetfernsehen funktioniert hier nicht. Treppauf schon, da ist es rappelvoll. Die Menschen drängen sich bis draußen, einige geben es auf und schauen durch die Fensterscheibe auf die Leinwand.

Die Magnet-Bar ist eigentlich eine Fußballkneipe und wenn es Musik gibt, dann meistens Rock, aber heute ist alles anders. Die Basketball-Fans haben den Laden gekapert, es läuft HipHop, lange Jungs in weiten Klamotten machen sich noch länger, um über die Köpfe noch was von der Leinwand zu sehen. Aber auch viele Leute, die sich sonst nie ein Basketball-Spiel ansehen würden, hat die Möglichkeit, Geschichte mitzuerleben, hergezogen – dass man am Pfingstmontag ausschlafen kann, hilft bei der Entscheidungsfindung.

Das Publikum feiert sich und das Spiel, die Rentner-Cheerleader-Truppe auf dem Schirm und die Fans in Würzburg, die immer wieder eingeblendet werden.

Auch einige Französinnen rennen mit Kulturenkarnevalsschminke im Gesicht herum und verstehen nichts. „Warum interessieren sich denn alle so für dieses Spiel?“, fragt eine, Nowitzki kennt sie nicht. Sie hätten ja Tony Parker in Frankreich, sagt sie, und erntet nur verständnisloses Kopfschütteln. Der französische Spielmacher ist mit den San Antonio Spurs spektakulär schon in der ersten Play-off-Runde gescheitert.

Nowitzki hingegen spielt hier um den Titel. Alles klatscht, wenn die Mavericks einen Korb werfen oder den Ball erobern, aber wenn der Deutsche an den Ball kommt, folgt meistens ein enttäuschtes „Ooooh...“ Einige bestellen Schnaps für jeden gelungenen Dreipunktewurf, doch es geht nicht viel über die Theke, denn der Star der Mavericks trifft zu Beginn erst mal gar nichts. „Der pennt ja noch“, ruft einer, der sich schon ärgert, dass er wach geblieben ist. Doch am Ende schafft er es doch noch, er trifft und trifft, und am Ende ist Dallas Meister.

Glückselig strömen die Leute aus der Bar, draußen ist es längst hell: Basketball-Berlin ist aufgewacht.

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