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Sport: Basketball: Svetislav Pesic im Gespräch: "Alba bleibt mein Zuhause, mein drittes Kind"

Svetislav Pesic (51) führte die deutsche Nationalmannschaft 1993 zum EM-Titel. Danach formte er aus Alba Berlin ein Spitzenteam.

Svetislav Pesic (51) führte die deutsche Nationalmannschaft 1993 zum EM-Titel. Danach formte er aus Alba Berlin ein Spitzenteam. Im vergangenen Sommer hörte Pesic auf und ist zum ersten Mal seit 20 Jahren ohne Engagement.

Was sagt eigentlich Ihre Frau dazu, dass Sie jetzt den ganzen Tag zu Hause sitzen?

Auf der einen Seite freut Sie sich wahrscheinlich. Auf der anderen Seite ist das auch für Vera ungewöhnlich, weil ich mich mehr um die Sachen kümmere, die man nicht jeden Tag macht.

Was sind denn das für Sachen?

Wir waren einmal in Jugoslawien und Kroatien, dann haben wir unsere Wohnung renoviert. Vera hat sich auch mit unserem Haus in Sarajewo beschäftigt und renoviert. Unser Haus ist während des Krieges ausgebrannt.

Dann müssen Sie inzwischen mit Pinsel und Bohrmaschine gut umgehen können!

Leider nicht. Aber ich verdiene Geld mit Basketball, um anderen Leuten wie Handwerkern auch ein bisschen Geld zu geben.

Wie ist das Leben ohne Mannschaft?

Ich sage ganz einfach: Ein Trainer ohne Mannschaft ist kein Trainer. Das ist für mich sehr ungewöhnlich, nachdem ich 20 Jahre ohne Pause mit einer Mannschaft gelebt habe. Ich empfehle keinem, dass er es macht, wie ich es jetzt gemacht habe.

Warum haben Sie es dann gemacht?

Alba Berlin ist nicht nur mein Arbeitgeber gewesen, sondern meine Leidenschaft, meine zweite Familie. Aber ich habe immer gesagt, wenn ich merke, dass dieses Basketballteam sich weiter entwickeln kann ohne meine Unterstützung, dann werde ich Tschüss sagen. Das sollte eigentlich letztes Jahr sein, aber dann habe ich gesehen, dass es noch nicht der richtige Zeitpunkt war.

Und warum in diesem Jahr?

Ich bin zufrieden, dass ich diese Entscheidung getroffen habe. Wir waren wieder Deutscher Meister, wir sind mit TuS Lichterfelde aufgestiegen in die Erste Liga, wir sind mit der A-Jugend Deutscher Meister. Meine Aufgabe war nicht nur die Entwicklung der Spieler und des Vereins, sondern auch zu helfen, dass sich die Trainer weiterentwickeln. Wir haben jetzt zwei hochqualifizierte Männer mit Burkhardt Prigge und Emir Mutapcic. Ich will auch etwas anderes probieren. Besser so, als wenn andere sagen, du musst jetzt gehen.

Sind Sie mit der momentanen Situation zufrieden - ohne Mannschaft?

Ich habe natürlich Angebote gehabt, aber zu einem Zeitpunkt, an dem ich mich noch nicht entscheiden konnte. Ich hatte auch nach der Saison Angebote, aber die haben mich nicht gereizt.

Welche Vereine wollten Sie denn haben?

Die Angebote, die ich im Mai bekommen habe, waren besser. Die waren vom türkischen Verband und Olympiakos Piräus.

Warum haben Sie da nicht zugesagt?

Ich kann nicht alle Gründe sagen. Aber beispielsweise wollte der türkische Verband, dass ich innerhalb einer Woche eine Entscheidung treffe, weil die auch andere Kandidaten hatten.

Wussten Sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits, dass Sie bei Alba aufhören werden?

Als sie mich angerufen haben, habe ich gesagt: Das reizt mich. Die türkische Nationalmannschaft hat viel Talent und sie spielen die Europameisterschaft 2001 zu Hause. Aber ich konnte nicht innerhalb von sieben Tagen eine Entscheidung treffen, weil wir mitten im Halbfinale der Play-offs waren.

Und was haben Sie jetzt vor?

Ich bin in einer Situation, in der ich selber bestimmen kann, was ich machen will. Ich warte, dass ein Angebot kommt.

Noch für die laufende Saison?

Ich glaube nicht. Die Vereine, die mich interessieren, haben schon lange einen Trainer.

Vielleicht wird einer entlassen.

Es kann immer etwas passieren. Ich weiß aber nicht, ob ich mir wirklich wünsche, so schnell wie möglich einen Job zu bekommen. Oder noch ein bisschen Zeit für mich zu haben. Meine Tochter in Tampa zu besuchen. Ich habe ein Angebot, Sacramento und Philadelphia zu besuchen. Einige Colleges. Ich will meine Connections verbessern und sehen, wie die NBA trainiert.

Wie ist denn der Kontakt zu Alba?

Der Kontakt ist sehr gut. Den Präsidenten habe ich monatelang nicht gesehen. Wahrscheinlich war er in Urlaub. Ich habe öfter mit Emir Mutapcic gesprochen. Mit Burkhardt Prigge rede ich fast jeden Tag. Also der Kontakt ist ganz normal.

Werden Sie von Alba um Rat gefragt?

Wenn die meine Hilfe brauchen, dann bin ich da. Alles freundschaftlich, das ist kein Problem. Und offiziell sind jetzt alle Posten bei Alba besetzt, und wie ich finde, ganz gut besetzt.

Was halten Sie denn von der jetzigen Alba-Mannschaft?

Die Frage stellt sich vor jeder Saison, ob die Mannschaft stärker oder schwächer ist. Ich sage, die Mannschaft ist sehr interessant und meiner Meinung nach gut konzipiert.

Wäre das auch Ihr Konzept gewesen, wenn Sie noch weiter Trainer wären - mit Phelps, mit Koturovic?

Kann sein. Wie Sie gesehen haben, war die Mannschaft lange nicht bekannt. Das ist wie in jedem Jahr: Du willst etwas haben, und du kannst das nicht bekommen, weil die Spieler auf dem Markt sind. Mich erinnert diese Situation an die Zeit, als wir den Europapokal gewonnen haben.

Den Korac-Cup, 1995.

Damals hatten wir auch eine Mannschaft, in der die meisten Spieler direkt aus unserem Programm kamen, also Alba oder TuS Lichterfelde. Jetzt haben wir wieder viele Spieler aus unserem Programm. Mittlerweile sind Wendell Alexis, der seine fünfte Saison spielt, oder Hendrik Rödl, der seit acht Jahren da ist, unsere erfahrensten Spieler. Das ist eine wichtige Qualität für den Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft und für die Identifikation mit den Zuschauern.

Können Sie sich vorstellen, noch einmal zurück zu Alba zu gehen?

Alles ist möglich, auch eine Rückkehr zu Alba. Aber nicht so bald. Alba bleibt mein Zuhause, mein drittes Kind. Ich wäre von mir selbst enttäuscht, wenn sich das ändern würde. (zur Kellnerin:) Hallo, zahlen bitte.

Lassen Sie, ich übernehme das.

Kommt nicht in Frage, ich zahle (kramt in seiner Tasche). Oh, ich habe kein Geld dabei. (zur Kellnerin:) Ich habe kein Geld. So ist das, wenn man arbeitslos ist.

Was sagt eigentlich Ihre Frau dazu[dass Sie jetzt]

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