zum Hauptinhalt

Sport: Belgrader Frühling

Der erste EM-Titel lässt die deutschen Tischtennisspieler auf mehr hoffen

Stand:

Mit ihrem ersten Europameistertitel hatten die deutschen Tischtennisspieler offenbar gar nicht mehr gerechnet. Auf ihren ersten Mannschaftssieg stießen sie jedenfalls mit ein paar Getränken aus der Mini-Bar ihres Hotels in Belgrad an. Das war ihr Lohn nach fünf vergeblichen Versuchen und dem 3:0-Finalsieg gegen Kroatien. Während der 37 Jahre alte Rekordnationalspieler Jörg Roßkopf seit seinem ersten Mannschafts-Finale 1990 insgesamt 17 Jahre auf den Titel warten musste, flachste der 18 Jahre alte Neuling Dimitri Owtscharow: „Ich habe immerhin auch drei Tage gewartet.“

Drei ganze Tage dauerte der Team-Wettbewerb. Und genauso lang dauerte Owtscharows Verwandlung: Aus dem talentierten Jugend-Europameister von 2005 ist ein Herren-Europameister geworden. Die kleine Raupe hat sich im Eiltempo in einen Schmetterling verwandelt. Für das deutsche Tischtennis beginnt nun der Frühling.

Das liegt nicht nur an dem in Kiew geborenen Owtscharow, der mit seinen Eltern im Alter von drei Jahren nach Deutschland kam. Der 26 Jahre alte Weltranglistenvierte Timo Boll hat bereits bei der Mannschafts-WM in Bremen 2006 mit Christian Süß einen Spieler an die Seite bekommen, der auch in kritischen Situationen die Nerven behält. Mit dem 19 Jahre alten Jugend-Weltmeister im Einzel Patrick Baum wird ein weiterer Nachwuchsspieler ins Team aufrücken.

Was diese Generation auszeichnet, ist vor allem ihr Selbstbewusstsein. „Ich habe mir im Finale nie Sorgen gemacht, dass wir verlieren könnten“, sagte Süß. Auch dem EM-Debütanten Owtscharow war keinerlei Nervosität anzumerken. „Ich habe mich immer auf den nächsten Ball konzentriert, und im Finale gegen Tan Rui Wu wusste ich dann im fünften Satz: Jetzt bin ich richtig gut.“

Doch den Herren-Bundestrainer Richard Prause wird noch etwas anderes erfreuen. Außer Roßkopf verlor kein Spieler ein Match. Und dennoch scheinen noch einige Steigerungen möglich zu sein. Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig wertete diesen Erfolg daher nur „als Zwischenstation vor der WM in Zagreb im Mai“. Bei der Mannschafts-WM sind die Deutschen 2004 Zweiter und 2006 Dritter geworden. Mittelfristig wollen sie anpeilen, die chinesische Vorherrschaft im Welt-Tischtennis zu brechen.

Für Europa soll nun dies gelten: „Auf fünf Mal Silber folgt fünf Mal Gold“, sagte Timo Boll lächelnd, „wir sind eine junge Mannschaft und werden in Zukunft mit Sicherheit nicht schlechter.“ Gestern begannen in Belgrad die Einzel-Wettbewerbe. Boll ist sowohl im Einzel als auch im Doppel mit Süß an Position eins gesetzt.

Jörg Petrasch[Belgrad]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })