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Basketball: Jeder Wurf sitzt

Dijon Thompson zeigt, dass er Albas neue Führungsfigur werden könnte. Solange er nicht wieder in die NBA zurückkehrt.

Berlin - Irgendwann in diesem Sommer war es, als in einer Sporthalle in Los Angeles Alba Berlin das große Thema war. Dijon Thompson hatte bei dem Basketball-Bundesligisten bereits einen Vertrag unterschrieben und hielt sich in Kalifornien fit, als Bobby Brown eines Tages beim gemeinsamen Workout mit der Nachricht auftauchte: „Alba hat bei mir angerufen.“ Was er denn jetzt machen solle, wollte Brown wissen, der wie Thompson aus Los Angeles’ Problemviertel South Central stammt, beide kennen sich seit Highschoolzeiten. Thompson riet ihn zum Wechsel zu dem Klub, von dessen Existenz beide kurz zuvor noch gar nichts gewusst hatten.

Am Mittwochabend beim 92:54 gegen die Gießen 46ers traten beide erstmals in einem Bundesliga-Heimspiel für Alba an. Der 23 Jahre alte Aufbauspieler Brown brachte es auf 15 Punkte und sieben Korbvorlagen, die Statistik des ein Jahr älteren Flügelspielers Thompson liest sich noch beeindruckender: Er war mit 22 Punkten, darunter drei Dreipunktewürfe, Topscorer und holte neun Rebounds. Und vor allem: seine Trefferquote betrug sagenhafte 100 Prozent, keiner seiner zehn Würfe – neun aus dem Feld, einer von der Freiwurflinie – ging daneben. Thompson hatte zwar ein gutes Gefühl, doch was er da leistete, wurde ihm erst so richtig bewusst, als einer seiner Mannschaftskollegen ihn kurz vor Spielende darauf hinwies, „dass ich noch keinen Fehlwurf hatte“.

„Dijon Thompson hat ein unglaubliches Spiel gemacht“, sagt Alba Berlins Geschäftsführer Marco Baldi. „Er weiß hoffentlich, dass das kein Standard ist. Künftig werden die Gegner sich ihm auf die Füße stellen.“ Schon beim Saisonauftakt in Quakenbrück vor einer Woche war er mit 20 Punkten bester Werfer des Spiels gewesen. Ist der Mann mit der Nummer 21 dabei, Albas neuer Führungsspieler und Publikumsliebling zu werden? „Er bewegt sich sehr elegant. Man sieht seine Anlage. Er hat das Potenzial, hochklassig zu spielen“, sagt Baldi über den US-Amerikaner, der sich an der University of California Los Angeles (UCLA) für höhere Aufgaben empfahl und zuletzt bei den Albuquerque Thunderbirds in der NBA-Aufbauliga NBDL glänzte. Dort machte er im Schnitt 20,8 Punkte und holte neun Rebounds. 2005/06 kam er in der NBA zehnmal für die Phoenix Suns zum Einsatz – und war dort kurze Zeit Mannschaftskamerad des letztjährigen Alba-Spielers Sharrod Ford.

Als Albas Angebot kam, rief Thompson bei Ford an. „Er hat gesagt, dass ich begeistert sein werde“, erzählt Thompson. Vor allem Albas Organisation pries Ford – und Berlin als Stadt. Auf die ist Thompson ohnehin neugierig, schließlich hat er ein Geschichtsstudium abgeschlossen, „und ich will das, was ich studiert habe, mit eigenen Augen sehen, bevor ich gehe“. Bevor er vielleicht doch wieder in der NBA landet, die sein großer Traum bleibt, auch wenn es in der vergangenen Saison nur zu zwei 10-Tage-Verträgen mit den NBA-Teams Atlanta Hawks und Golden State Warriors reichte.

Viel Zeit, um an Amerika zu denken, hat Thompson derzeit allerdings nicht. Der neue Trainer Luka Pavicevic verlangt ihm alles ab. „Es ist hart. Man muss mental stark sein, um von Luka trainiert zu werden“, sagt Thompson. „Es gibt keine Rumspielerei, er verlangt viel, vor allem absolute Disziplin.“ Als Alba gegen Gießen im zweiten Viertel 25 Punkte einsteckte, „hat er uns in der Pause in der Kabine angebrüllt“. Es wirkte, in der zweiten Halbzeit kamen die Gäste nur noch auf 17 Zähler. Dijon Thompson konnten sie ohnehin nie stoppen.

Helen Ruwald

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