Sport: Blumen für zwei Fehler
Das Eislauf-Paar Sawtschenko/Szolkowy holt WM-Bronze und wird gefeiert
Stand:
Tokio/Berlin - Aljona Sawtschenko ließ sich sacken und landete in den ausgestreckten Armen von Robin Szolkowy. Eine schöne, dramaturgisch ausgefeilte Geste, der Schlusspunkt ihrer Kür. Und als das Paar aus Chemnitz noch bewegungslos dastand, mitten auf dem Eis, da flogen schon Blumen über die Bande. Auf den Rängen im Metropolitan Gymnasium in Tokio erhoben sich viele der 6800 Zuschauer und klatschten enthusiastisch. Es sah in diesem Moment so aus, als würden hier schon die späteren Paarlauf-Weltmeister gefeiert. Doch nach dem Paar aus Chemnitz kamen bei der Eiskunstlauf-WM bessere Konkurrenten. Die Doppelweltmeister Xue Shen/Hongo Zhao aus China liefen perfekt und sicherten sich mit 203,50 Punkten verdient – und genauso enthusiastisch gefeiert – den Weltmeister-Titel. Ihre Landsleute Qing Pang/Jian Tong, die Titelverteidiger, gewannen Silber (188,46).
Zwei Fehler brachten Szolkowy und Sawtschenko um Gold. Beim ersten Dreifach-Toeloop patzte Szolkwoy bei der Landung, fuhr seiner Partnerin in den Weg und verhinderte damit, dass ein zweiter Dreifach-Toeloop folgen konnte. Und bei der Sitzpirouette waren die beiden nicht ganz synchron. Dafür aber waren die Landungen bei den Würfen perfekt, und Sawtschenkos Ausstrahlung ist sowieso immer glanzvoll. Doch ihre Ansprüche an sich selber sind sehr hoch, und diesen Ansprüchen haben sie diesmal nicht ganz genügt. Sie lagen mit 187,39 Punkten klar unter ihrem persönlichen Rekord.
Die Deutsche Eislauf-Union (DEU) ist weniger anspruchsvoll, für sie ist Bronze ein Riesenerfolg. Gerade im Paarlauf sollte der Anschluss an die Weltspitze wieder geschafft werden. Europameister sind Sawtschenko/Szolkowy schon, aber jetzt bewiesen sie auch bei wesentlich härterer Konkurrenz, dass sie zur Spitze gehören. Ihr Bronze ist die erste WM-Medaille im Paarlauf seit neun Jahren, als Peggy Schwarz und Mirko Müller Bronze gewannen. „Aljona und Robin wollen 2010 bei den Olympischen Spielen in Vancouver auf dem Treppchen stehen, und das ist nicht unrealistisch“, sagte DEU-Sportdirektor Udo Dönsdorf.
Zumindest, wenn der Streit um ihren Trainer Ingo Steuer bis dahin beendet ist. Aber noch werden die Argumente zwischen DEU und dem Stasi-belasteten Coach vor Gericht ausgetauscht. Steuer ist nur deshalb als Trainer des Paares geduldet, weil die DEU vorerst einer Art Waffenstillstand zugestimmt hat. Den Flug nach Tokio hat ihm ein umstrittener Verein gesponsert.
Doch in der Euphorie der Bronzemedaille suchte Dönsdorf größtmögliche verbale Nähe zu dem Trainer. „Das ist ein Meilenstein in seiner jungen Laufbahn“, sagte der Sportdirektor der Deutschen Presse-Agentur. „Er ist unbequem für uns, verfügt aber auch über ein großes Maß an Beharrlichkeit, das gut für den Erfolg ist.“ An der Zahl der Gerichtsverfahren hat die DEU diese Beharrlichkeit nachdrücklich erlebt. Vor zehn Jahren hatte der Trainer mit Mandy Wötzel selber den WM-Titel gewonnen. Jetzt lobte er seine Athleten: „Sie haben so gut gekämpft, nachdem Robin beim ersten Toeloop auf zwei Füßen gelandet ist“, sagte Steuer. Läuferin Sawtschenko ist immer überaus selbstkritisch mit sich umgegangen, deshalb war es nur konsequent, dass sie erklärte: „Wir können es viel besser.“ Schon im Training am Vormittag habe einiges nicht geklappt. „Wir hatten beide total schwere Beine“, sagte die gebürtige Ukrainerin.
Aber zumindest hat das Paar seine finanziellen Probleme erheblich verringert. Szolkowy ist arbeitslos, seit ihn die Bundeswehr entlassen hat, weil er an Steuer festhält. Und Sawtschenko hat einen Mini-Job in einem Chemnitzer Autohaus. Die Bronzemedaille bringt ihnen nun viel Geld: 27 000 Dollar. dpa/Tsp
-
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: