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Formel 1: BMW: Reif für den Sieg

BMW greift mit Nick Heidfeld die Formel-1-Favoriten Ferrari und McLaren an. Dabei verfolgt Chef-Analytiker Theissen einen anderen Ansatz als ein Großteil der Konkurrenz.

Nick Heidfeld wirkte ratlos. „Ich weiß auch nicht, wo ich sie verloren habe“, sagte der Formel-1-Pilot und schaute verlegen umher. Der Mönchengladbacher war vermutlich der einzige Mensch in der BMW-Welt in München, der den Verlust der Radkappe seines Wagens nicht bemerkt hatte. Kurz zuvor an diesem Montag war der neue BMW-Sauber F1.08 gerade eineinhalb Runden unterwegs gewesen, als sich die schwarze Abdeckung gelöst hatte und langsam die Auffahrt hinuntergeeiert war. Mehrere hundert Zuschauer hatten nicht schlecht über diese Einlage gestaunt, indes: Beabsichtigt war die effektvolle Auflösung des Rennautos sicher nicht. Die Jungfernfahrt des funkelnden Formel-1-Boliden auf dem zu einer provisorischen Strecke umgewandelten Parkplatz im raumschiffgleichen Stahl-und-Glas-Hauptquartier des Autobauers hatte vielmehr ein Startsignal für den Angriff auf die Grand-Prix- Spitze werden sollen. Denn das Ziel des deutsch-schweizerischen Rennstalls ist klar definiert. „Wir wollen 2008 unseren ersten Sieg einfahren“, sagte Mario Theissen. Der Teamchef wähnt seinen Rennstall in der dritten Saison seines Bestehens reif für Erfolge. „Die Aufbauphase ist abgeschlossen, jetzt haben wir unsere volle Stärke erreicht“, sagte Theissen. „Unser Plan war: 2006 holen wir die ersten Punkte, 2007 die ersten Podestplätze und 2008 den ersten Sieg. Daran hat sich nichts geändert.“ Und wenn doch, dann höchstens in positiver Hinsicht: Trotz der verunglückten ersten Ausfahrt des neuen Firmenwagens liegt BMW-Sauber sogar besser im Rennen als erwartet.

Weil das Team in der vergangenen Saison dem Zeitplan des Analytikers Theissen schon voraus war und der Abstand zu den Topteams ohnehin nicht mehr aufzuholen war, konnte man sich bereits verstärkt auf die Entwicklung des Autos für die kommende Saison konzentrieren. „Wir haben im Mai mit der Entwicklung begonnen“, sagte Technikchef Willy Rampf. Ferrari und McLaren steckten noch bis zum Saisonabschluss fast alle Energie in die alten Wagen, die schließlich noch um die Weltmeisterschaft fahren mussten.

Nun bläst Theissen zum Angriff auf die im Vorjahr noch unerreichbar vorwegeilenden Konkurrenten. Dabei verfolgt der 55-Jährige einen anderen Ansatz als ein Großteil der Konkurrenz. Weder mithilfe gigantischer Budgets noch von riesigen Personalstärken soll der Einbruch in die Phalanx der Großen gelingen. Theissen: „Wir haben jetzt 730 Mitarbeiter, das ist gerade einmal Mittelmaß in der Formel 1.“ Stattdessen will er die vorhandenen Mittel „so effizient wie möglich einsetzen“. Dass diese Philosophie erfolgreich sein kann, hat der Mitbewerber Renault bereits bewiesen: Die Franzosen holten mit geringerem monetären Aufwand zwei WM-Titel in den vergangenen Jahren. Bei allem Optimismus weiß Mario Theissen jedoch, dass es „schwierig wird, die Lücke zur Spitze zu schließen“. Eine knappe halbe Sekunde pro Runde betrug der Rückstand nach vorn am Ende des Rennjahres 2007. „Um das aufzuholen, müssen wir uns noch mehr verbessern und das Auto noch schneller entwickeln als die anderen.“

Das dürfte sicher auch im Interesse von Nick Heidfeld liegen. In der vergangenen Saison war er als WM-Fünfter bester deutscher Pilot. Nach acht Jahren in der Formel 1 sieht nun auch er so langsam die Zeit für seinen ersten Triumph gekommen. „Ich bin mir sicher, dass ich Rennen gewinnen kann“, sagt der 30-Jährige. Er glaube fest daran, „dass wir das in der Theorie schaffen können“. Dann nickt er leicht nach links: „Ob es dieses Jahr klappt, hängt aber ziemlich stark von diesem Auto hier ab.“ Erst beim Saisonstart in Melbourne werde man sehen, „wie stark wir wirklich sind“.

Bis dahin soll der Wagen laut Technikchef Rampf kontinuierlich weiterentwickelt werden: „Wir erwarten, dass wir teilweise jede Woche ein neues Teil am Auto einsetzen können.“ Für die erste offizielle Testfahrt am Dienstag in Valencia wäre sicherlich zunächst einmal eine gut befestigte Radkappe erwägenswert.

Christian Hönicke[München]

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