Sport: Das Rad neu erfunden
Wie stark sind die Top-Teams der Formel 1? Die Einheitsreifen verändern den Favoritenkreis
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Norbert Haug hat einen kleinen Witz gemacht. Die Leistungsdichte in dieser Formel-1-Saison, hat er vor kurzem gesagt, sei so groß, dass fast alle Teams den Weltmeister stellen könnten. Der Kreis der Favoriten ist in Wirklichkeit deutlich kleiner, Toyota oder Honda kann man in diesem Jahr nicht zu den WM-Aspiranten zählen. Aber vier Teams, eines mehr als im vergangenen Jahr, zählen zu den Besten. In dieser Rennsaison muss man auch mit BMW-Sauber rechnen. Ein Check der Leistungsstärke.
Ferrari: Die Abgänge des siebenmaligen Weltmeisters Michael Schumacher und von Technikchef Ross Brawn schwächen das Team offenbar nicht beträchtlich. Ferrari dominierte die jüngsten Tests in Bahrain. Toyota-Pilot Ralf Schumacher sagt: „Ferrari ist mindestens eine halbe Sekunde schneller als McLaren-Mercedes.“ Und dieses Team belegte bei den Tests Platz zwei. Ferrari profitiert von der langjährigen Zusammenarbeit mit Bridgestone – der Firma, die jetzt den Einheitsreifen der Formel 1 liefert. Viele Beobachter registrierten überrascht, dass der Brasilianer Felipe Massa deutlich schneller war als der für sehr viel Geld verpflichtete Finne Kimi Räikkönen. Welche Aussagekraft dieser Vorsprung hat, ist allerdings schwer einzuschätzen. Denn Räikkönen kann sich in den Rennen enorm steigern. Erstmals seit elf Jahren hat Ferrari nun wieder gleichberechtigte Fahrer. Ein Risiko dabei: Wenn sich Massa und Räikkönen gegenseitig Punkte wegnehmen, könnte am Ende Fernando Alonso von McLaren-Mercedes der lachende Dritte sein.
McLaren-Mercedes: Auf Weltmeister Fernando Alonso lasten große Erwartungen (siehe auch nebenstehenden Bericht). Der frühere Renault-Pilot soll den Titel holen. Im Winter schien McLaren-Mercedes zunächst mit dem neuen Auto das Maß aller Dinge zu sein, aber bei den letzten Tests zog Ferrari vorbei. Der Reifenverschleiß über die Distanz ist bei McLaren-Mercedes noch hoch. Dabei ist Alonsos sehr aggressiver Fahrstil nicht gerade eine Hilfe, auch wenn der Weltmeister inzwischen versucht, sich umzustellen. Neuling Lewis Hamilton fährt sehr gut und hat das Potenzial zum Weltmeister der Zukunft. In seinem ersten Jahr dürfte seine Erfahrung aber noch nicht ausreichen, um Alonso in Gefahr zu bringen.
BMW-Sauber: Vom Speed her hat das Team auf jeden Fall einen großen Schritt nach vorne gemacht. Viele Experten trauen BMW-Sauber sogar zu, über eine Renndistanz McLaren-Mercedes gefährden zu können. Vor allem, weil das Team den Reifenverschleiß offenbar etwas besser im Griff hat als McLaren-Mercedes. Eine Schwachstelle beim Testen war das neue Schnellschaltgetriebe, aber Sportdirektor Mario Theissen glaubt, dass er die Probleme in den Griff bekommen hat. „Uns war sehr schnell klar, dass wir nur in einigen Details etwas verbessern mussten.“ Die Fahrerpaarung mit dem oft unterschätzten, aber durchaus schnellen Nick Heidfeld und dem jungen, angriffslustigen Polen Robert Kubica gehört zu den stärksten im Feld. Ein Fragezeichen schwebt noch über den von Teamchef Theissen forcierten Freitagseinsätzen von Testfahrer Sebastian Vettel: Die Stammpiloten fürchten, dass sie gegenüber der Konkurrenz einen Nachteil haben könnten, wenn sie freitags nicht selbst auf der Strecke trainieren. Was die Chancen angeht, ist Heidfeld zurückhaltend: „Um von Siegen und vom WM-Titel zu reden, ist es noch viel zu früh.“
Renault: Das Weltmeisterteam der vergangenen beiden Jahre ist durch Fernando Alonsos Weggang geschwächt. Der Finne Heikki Kovalainen gilt zwar als sehr talentiert, aber als Formel-1-Neuling kann er dem Spanier wohl nicht das Wasser reichen. Und der Italiener Giancarlo Fisichella war in den vergangenen Jahren teamintern nie mehr als eine gute Nummer zwei. Allerdings könnte er in diesem Jahr eine weitaus bedeutendere Rolle einnehmen als 2006. Renault scheint jedoch von allen Spitzenteams die größten Probleme mit dem Wechsel auf die Bridgestone-Einheitsreifen zu haben. Kein anderes Team hat in den vergangenen Jahren so intensiv mit Michelin gearbeitet wie Renault. Im Moment scheint Renault beim Speed hinter den Konkurrenten zurückzuliegen. Als großes Plus könnte sich für das Renault-Team aber seine schon legendäre Zuverlässigkeit erweisen.
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