Sport: Daviscup: Die Marathon-Männer
Der Daviscup der Tennis-Nationalteams war schon immer der Wettbewerb der Marathon-Männer. Vor allem zu Zeiten von Boris Becker, Michael Westphal und Michael Stich galten Matches über die volle Fünfsatz-Distanz noch als große Spezialität der deutschen Tennisspieler; inzwischen sieht das anders aus.
Der Daviscup der Tennis-Nationalteams war schon immer der Wettbewerb der Marathon-Männer. Vor allem zu Zeiten von Boris Becker, Michael Westphal und Michael Stich galten Matches über die volle Fünfsatz-Distanz noch als große Spezialität der deutschen Tennisspieler; inzwischen sieht das anders aus. Während sich Beckers Erben am Freitag gegen ersatzgeschwächte Holländer in Rekordzeit demütigen ließen, war in den anderen Viertelfinalbegegnungen Durchhaltevermögen gefragt. Als die deutschen Profis - der wieder einmal enttäuschende Nicolas Kiefer und David Prinosil - in der Brabant-Halle enttäuscht unter die Dusche schlichen, war bei den anderen drei Begegnungen nicht einmal das erste Einzel beendet.
Als Dauerläufer erwiesen sich in Neuchatel der Schweizer Marc Rosset und der Franzose Arnaud Clement. Rosset, der Olympiasieger von 1992, und der diesjährige Australian-Open-Finalist Clement beharkten sich 5 Stunden 49 Minuten lang bis zum 6:3, 3:6, 7:6 (7:4), 6:7 (6:8), 15:13 für den Franzosen. Anschließend brachte Nicolas Escude die Franzosen gegen Roger Federer mit 2:0 in Führung. Er siegte 4:6, 7:6 (7:1), 3:6, 4:6.
Rosset und Clement verpassten nur knapp den fast 19 Jahre bestehenden Rekord des Amerikaners John McEnroe und des Schweden Mats Wilander. Die beiden hatten sich 1982, ebenfalls im Viertelfinale, in St. Louis/Missouri 6 Stunden 22 Minuten lang bekämpft. Nur eine Minute weniger benötigte Boris Becker bei seinem Fünfsatz-Sieg 1987 in Hartford/Connecticut gegen McEnroe. Das längste Match seit Einführung des Tiebreaks hatten der Österreicher Horst Skoff und Wilander 1989 mit sechs Stunden vier Minuten bestritten.
Auch in der Baltik-Halle von Malmö ging das erste Match über die längstmögliche Distanz. Dabei erhielten die russischen Hoffnungen einen empfindlichen Dämpfer. Der zweimalige Grand-Slam-Turniersieger Jewgeny Kafelnikow vergab im knapp vierstündigen Match gegen seinen Angstgegner Thomas Johansson im dritten Durchgang gleich sieben Satzbälle und unterlag dem Schweden beim 4:6, 6:1, 6:7 (10:12), 6:3, 2:6 zum siebten Mal in Folge. Anschließend erhöhte Magnus Norman für den siebenmaligen Cupgewinner auf 2:0, er bezwang Michail Juschny 7:6 (11:9), 6:4, 6:2. Juschny musste in seinem zweiten Daviscup-Einsatz den verletzten Marat Safin vertreten.
In Florianapolis kam in der Partie zwischen Brasilien und Vorjahresfinalist Australien nach einem bis dahin spannenden und streckenweise hochklassigen Match zwischen Masters-Sieger Gustavo Kuerten und dem zweimaligen US-Open-Gewinner Patrick Rafter Anfang des vierten Satzes das unerwartete Ende. Der mit 6:4, 4:6, 6:7 (1:7), 1:2 zurückliegende Australier gab wegen einer Ellbogen-Verletzung auf. Im zweiten Einzel glich Lleyton Hewitt mit einem 6:3, 6:3, 6:3 gegen den in Argentinien geborenen Linkshänder Fernando Meligeni für die Australier aus.
Im Kampf gegen das frühe Ende ihrer Titelträume musste das deutsche Daviscup-Team auch am Samstag wieder auf Thomas Haas verzichten. Im möglicherweise bereits entscheidenden Doppel gegen die Holländer (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) kamen wie geplant David Prinosil und Jens Knippschild zum Einsatz Der deutsche Kapitän Carl-Uwe Steeb verzichtete gegen das holländische Duo Paul Haarhuis und Sjeng Schalken auf die kurzfristige Nominierung des angeschlagenen Haas. Der Hamburger ist nach seiner Knöchelverletzung noch nicht hundertprozentig fit und leidet außerdem unter einer Erkältung.
Haas verfolgte das wenig erbauliche Geschehen in der Brabant-Halle nur als Zuschauer. Sein Teamkollege David Prinosil musste nach seinem Match gegen Ramon Sluiter zugeben: "Es war kein guter Tag für das deutsche Tennis, aber es ist noch alles drin. Wir werden alles probieren und kämpfen." Davon war am ersten Tag jedoch kaum etwas zu sehen.