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Basketballer Jalen Green (l.) möchte mit seinem Talent Geld verdienen, so schnell wie möglich.

© Zuma/Imago

College-System steht unter Druck: Dem US-Sport drohen nachhaltige Veränderungen

College-Athleten dürfen in den USA kein Geld verdienen, während das Fernsehen durch sie Millionen Dollar umsetzt. Erste Basketballer wehren sich nun dagegen.

Jalen Green wird unter normalen Umständen erst im Oktober 2021 erstmals in der nordamerikanischen Profi-Basketballliga NBA auflaufen, und doch ist der 18-Jährige schon jetzt einer der einflussreicheren Spieler der Geschichte der Liga. Green gilt als eines der größten Talente des US-Basketballs. Und er ist der erste Spieler, der sich nach seiner Highschool-Zeit gegen den Gang ans College und für das neu geschaffene Talente-Programm der NBA und ihrer Ausbildungsliga, der G-League, entschied. In der spielen seit Jahren quasi die zweiten Mannschaften der NBA-Teams. Dort kommen primär Talente und Profis zum Einsatz, die in der NBA noch keinen Platz haben, um sich für höhere Aufgaben zu empfehlen.

Nun könnte die G-League aber nicht viel weniger tun, als den US-amerikanischen Basketball nachhaltig zu verändern. Der Grund dafür ist ein jahrelanger Streit zwischen den College-Athleten und dem College-Sportverband, der NCAA. Die College-Basketballer dürfen nämlich keinen Cent verdienen, während die Colleges oder Fernsehanstalten mit den Leistungen und der Vermarktung der Spieler Millionen von Dollar umsetzen.

Lieber im Ausland für Geld spielen als ohne Gehalt am College

Einige Top-Talente zogen dem Gang ans College in den letzten Jahren deshalb einen Wechsel ins Ausland vor. 2019/20 spielten gleich zwei der größten US-Talente bezahlten Basketball in der australischen Liga. Hintergrund ist, dass die Regeln der NBA es den Spielern verbieten, von der Highschool direkt in die NBA zu wechseln. Die Spieler müssen quasi eine Zwischenstation einlegen. „Diese Spieler sollten nicht woanders hingehen müssen, um sich ein Jahr lang weiterentwickeln zu können. Sie sollten Teil unseres Entwicklungssystems sein“, sagt Shareef Abdur-Rahim, der Präsident der G-League.

Die bietet jungen Talenten nun einen Deal an: Sie können für ein stattliches Gehalt von 500.000 US-Dollar Teil eines neugeschaffenen Teams in Los Angeles werden, das von erfahrenen NBA-Trainern betreut wird und außerhalb des regulären Spielplans der G-League zehn bis zwölf Testspiele gegen andere G-League-Mannschaften austrägt.

Außerdem kommen NBA und G-League für anfallende Kosten der schulischen College-Ausbildung auf, die die Spieler nebenbei oder später noch antreten können. Die NBA möchte die Spieler so frühzeitig an sich binden, die Spieler können dagegen schon vor dem offiziellen Eintritt in die Liga unter NBA-Bedingungen trainieren und sich an die Umstände gewöhnen. „Alles wurde so geplant und aufgebaut, dass Spieler wie ich Erfolg haben können. Ich glaube, ich habe eine gute Entscheidung getroffen“, sagt Jalen Green. Mit Isaiah Todd zog ein weiterer vielversprechender Spieler kurze Zeit später nach. Weitere Top-Talente dürften in den nächsten Jahren den gleichen Weg gehen.

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Der strategische Schachzug der NBA setzt den College-Basketball enorm unter Druck, er könnte in den kommenden Jahren signifikant an Relevanz verlieren. Der College-Sport lebt in den USA weiterhin von seiner Tradition, er ist dort Kulturgut. Zu viele Spieler überkam in den vergangenen Jahren aber das Gefühl, sich dort unter Wert zu verkaufen, zumal die sehr guten Spieler ihre Universität nach nur einem Jahr wieder Richtung NBA verlassen.

Die Entscheidung von Jalen Green hat ein mittelschweres Erdbeben ausgelöst. Die Struktur des US-Sports könnte sich für immer verändern, insbesondere dann, wenn die Football-Profiliga NFL in der Zukunft auf ein ähnliches Modell setzen sollte. Im Basketball ist dieser Prozess inzwischen bereits in vollem Gange. Wie erfolgreich er sein wird, wird auch davon abhängen, wie sich Spieler wie Jalen Green in diesem System entwickeln. „Es wird eine Menge Druck geben. Aber damit kann ich umgehen. Hoffentlich geht alles gut und viele weitere Spieler entscheiden sich in der Zukunft für diesen Weg“, sagt er.

Louis Richter

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