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Henrik Pedersen (l., neben Trainer Jens Keller).

© imago/Matthias Koch

1. FC Union Berlin: Der Co-Trainer von der Hotelbar

Der Assistenztrainer Henrik Pedersen gilt als neue Schlüsselfigur beim 1. FC Union – gegen den VfB Stuttgart kommt es erneut auf seine Analyse an.

Unter der Woche hat Henrik Pedersen wieder getan, was er am liebsten macht. Er hat viel gelacht, die Menschen um sich herum mit seiner guten Laune angesteckt und außerdem noch den Spielern des 1. FC Union Fußball erklärt. Letzteres lässt sich ohne Übertreibung behaupten, denn seit Pedersen als Co-Trainer beim Berliner Zweitligisten arbeitet, hat sich die Sichtweise vieler Spieler auf ihren Sport verändert. Selbst älteren, erfahrenen Profis bringe er noch etwas bei, heißt es aus der Mannschaft. Gemeinsam mit seinem Chef Jens Keller bildet der 38 Jahre alte Däne ein Duo, das es geschafft hat, Spaß mit Ernsthaftigkeit und trockene Theorie mit praxisnahen Übungen zu kombinieren. Ihr Erfolg spricht für sich, trotz zuletzt zwei Niederlagen in Folge ist der 1. FC Union Berlin als Tabellenfünfter weiterhin Teil der Spitzengruppe und könnte mit einem Heimsieg an diesem Sonntag gegen den Zweiten VfB Stuttgart (13.30 Uhr) wieder näher an die Aufstiegsplätze heranrücken.

„Das ist unser Ziel“, sagt Trainer Jens Keller, der bei seinem Amtsantritt im Sommer Henrik Pedersen als Co-Trainer mit nach Berlin brachte. Die Personalie überraschte, hatten beide doch nie zuvor miteinander gearbeitet, Berührungspunkte in ihren Lebensläufen gab es keine. Wie auch, Keller und Pedersen kennen sich erst seit Kurzem.

Ihre Geschichte beginnt im Januar in einem türkischen Hotel. Keller, damals ohne Anstellung, ist vor Ort, um sich verschiedene Mannschaften anzusehen, die in der Region ihr Wintertrainingslager durchführen. Wie man das eben so macht in einer Branche, in der es darum geht, Kontakte zu pflegen und neue Kontakte zu schließen. Pedersen ist aus ähnlichen Gründen vor Ort wie Keller, eines Abends laufen sich beide im Hotel über den Weg. Man kommt ins Gespräch, erst lose, dann immer tiefgründiger. Das Ganze verlagert sich von der Lobby an die Bar, Minuten werden zu Stunden und als beide sich tief in der Nacht trennen, verspricht Keller Pedersen, ihn im Falle eines neuen Jobs als Co-Trainer mitzunehmen.

„Wir haben schnell gemerkt, dass wir in Sachen Fußball auf einer Wellenlänge liegen und sehr ähnliche Vorstellungen haben“, hat Keller einmal gesagt. Heute sagt er über ihre Zusammenarbeit: „Es ist noch viel positiver geworden, als ich gedacht und gehofft hatte. Menschlich passen wir unheimlich gut zusammen.“

Viel Lob für Pedersen, der als Schlüsselfigur hinter den erfolgreichen Berliner Auftritten in dieser Saison gilt und für Keller in etwa so wichtig ist wie Zeljko Buvac für Jürgen Klopp. Sein Fachwissen sei beeindruckend, sagen die Spieler. Immer habe Pedersen sofort Lösungen, kenne bei jedem Gegner Stärken und Schwächen. Seine Einheiten sind komplex und neben dem körperlichen Aspekt auch mental sehr fordernd. Gedanklich abschalten könne man keinen einzigen Augenblick. Pedersen will viel, gibt aber auch viel zurück. Mit seiner aufgeschlossenen Art und vielen Einzelgesprächen habe es Pedersen geschafft, „ein absolutes Vertrauensverhältnis“ zur Mannschaft aufzubauen.

Sein Meisterstück lieferte er im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund ab. Pedersen analysierte jeden gegnerischen Spieler bis ins kleinste Detail und machte auf die Dortmunder Probleme beim Spiel durch das Zentrum aufmerksam. Union sicherte zuerst die eigene Außenbahn ab und versuchte bei Kontern stets, das Spiel in die Breite zu ziehen. Der Plan ging auf, Union wäre beinahe die große Überraschung gegen den Champions-League-Teilnehmer geglückt und musste sich erst im Elfmeterschießen geschlagen geben. Doch jede Niederlage, jeder Rückschlag, sei auch immer eine Chance, glaubt Pedersen. Das ist seine Natur. Immer positiv.

Dabei hat es der Fußball nicht nur gut gemeint mit ihm. Als junger Mann verletzte er sich Anfang 20 schwer am Knie und musste seine Karriere als Profi beenden. Früh setzte er alles daran, Trainer zu werden, reiste quer durch Europa, den großen, den bekannten Fußball-Lehrern hinterher. Pedersen schaute sich Trainingseinheiten von José Mourinho und Louis van Gaal an. „Er ist einer, der Fußball inhaliert“, sagt ein ehemaliger Spieler über Pedersen. Trotzdem langte es bisher nur zu einer Anstellung als Cheftrainer, von 2014 bis 2015 trainierte er den dänischen Zweitligisten Höge BK. Von dort brachte er seinen Namensvetter Kristian Pedersen mit, der als Linksverteidiger eine der Entdeckungen der Saison ist.

Ansonsten arbeitete Henrik Pederson als Nachwuchskoordinator und Trainer bei RB Salzburg. Unions Fans beäugten ihn dafür zuerst kritisch, das hat sich aber gelegt. Inzwischen heißt es in Foren, jeder habe eine zweite Chance verdient. Dabei ist Union Berlin für Pedersen genaugenommen die erste Chance im deutschen Fußball. Er ist gerade dabei, sie erfolgreich zu nutzen. Sebastian Stier

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