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Sport: Der König als Mitläufer

Seit je her haben die Norweger neben ihrem Monarchen auch einen Skikönig. Eine Art Volkshelden, der sie daran erinnert, dass die Wiege des Skisports zwischen Oslo und Bergen liegt.

Seit je her haben die Norweger neben ihrem Monarchen auch einen Skikönig. Eine Art Volkshelden, der sie daran erinnert, dass die Wiege des Skisports zwischen Oslo und Bergen liegt. Nach dem Langläufer Björn Daehlie hat diese Rolle ein Biathlet übernommen: Ole Einar Björndalen, 27, aus Trondheim, Sprint-Olympiasieger 1998 und 24-facher Weltcup-Einzelsieger. Seine Inthronisierung erfuhr er bei der letzten Sportlerwahl, die durch die Verknüpfung von Bürgerumfrage und dem Votum einer Jury einen offiziellen Charakter erhielt.

Hat diese Ehrung, "auf die ich sehr stolz bin", etwa den Druck des Siegenmüssens auf Björndalen zu sehr erhöht? Die Rennen beim Weltcup in Oberhof lassen das vermuten. Gestern beim Massenstart über 15 km, den der Franzose Raphael Poiree für sich entschied, leistete sich der Norweger acht Strafrunden. Auch im Sprint über 10 km und im Verfolgungsrennen über 12,5 km verbauten ihm jeweils vier Schießfehler den gewohnten Platz auf dem Treppchen. Und auch seine Dominanz in der Loipe, die ihn beim ersten Saison-Weltcup in Hochfilzen noch zu zwei Erfolgen geführt hatte, war in Oberhof nicht erkennbar. Da bleibt sein Abfahrtsrekord von 84 km/h in der Wolfsschlucht ein Muster ohne Wert. Allerdings erging es den Deutschen auch nicht besser: Ricco Groß und Peter Sendel belegten die Ränge fünf und sechs. Der Oberhofer Sven Fischer, der im Vorjahr an gleicher Stelle umjubelter Sieger war, kam nur als Zehnter ins Ziel.

Katastrophal am Schießstand, nur noch ein Mitläufer auf der Strecke. Das nagt am Seelenfrieden. Obwohl Björndalen vorher erklärt hatte: "Der Weltcup und hier die Trophy mit den Wettkämpfen in Ruhpolding und Antholz sind zweitrangig. Diesen Winter zählt nur Olympia. Und dafür habe ich die letzen Wochen sehr hart trainiert. Das kann hier gut gehen, aber es kann auch schlecht laufen." Aber dass es so bitter enden würde, das macht ihm nun doch zu schaffen. Weil er "immer 100 Prozent geben und immer Siegen will". Doch nun sind die Zweifel da. "Ich verstehe das nicht", sagte er, "dabei habe ich um die Jahreswende im Laufen nur das Nötigste getan, aber mit meinem Privattrainer stundenlang Schießen geübt." Auch im Vertrauen darauf, dass ihm in der Loipe ohnehin keiner folgen könne? "Das ist falsch." Der Russe Pawel Rostowzew, Björndalens Teamgefährte Frode Andresen, Sven Fischer oder Poiree seien in Bestform kaum langsamer. Die aber sagen einhellig: "Der Björni läuft normalerweise in einer anderen Liga."

Trotz der jüngsten Misserfolge hat Björndalen seine Landsleute mit dem Vorhaben elektrisiert, bei den Winterspielen in Salt Lake City im Februar zuerst im Langlauf über 30 km und zwei Tage danach im Biathlon (drei Einzelstrecken und Staffel) um Medaillen skaten zu wollen. Ein wahrhaft königlicher Plan.

Ernst Podeswa

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