Schwimm-WM: Deutsche Männer auf dem Tiefpunkt
Weltmeister Mark Warnecke im Vorlauf ausgeschieden, Michael Schubert 48., Johannes Neumann 35., Helge Meeuw sechs Sekunden über seiner Bestzeit - die deutschen Schwimmer verlieren bei den Weltmeisterschaften ihren guten Ruf.
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Melbourne - "Es ist traurig, miterleben zu müssen, dass wir es nicht abrufen können", sagt der einstige Rekord- und Medaillenjäger Thomas Rupprath. Er wirkt ratlos, als er in der Rod-Laver-Arena von Melbourne diesen Satz von sich gibt.
Die Zwischenbilanz ist niederschmetternd: Nur der 20 Jahre alte Paul Biedermann aus Halle/Saale erreichte als guter Siebter über 200 Meter Freistil bislang ein Einzel-Finale. "Das ist traurig", sagt auch Christa Thiel, die Präsidentin des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV). Der Hamburger Jens Thiele räumte nach dem 31. Rang über 200 m Lagen und Platz 26 über 200 m Rücken ein, sich zu schämen. "Mir macht das auch nicht gerade Spaß, darüber zu diskutieren, wie scheiße ich hier schwimme."
Die Tiefschläge sind eklatant. Bei der WM 2005 in Montréal gab es für die deutschen Männer, die mit Michael Groß, Steffen Zesner, Jörg Hoffmann, Stefan Pfeiffer oder den immer starken Staffeln lange Jahre bei der Konkurrenz gefürchtet waren, immerhin Gold für Warnecke und fünf Einzel-Finalisten. Alle drei Quartette standen in den Endläufen. Zwei Jahre davor in Barcelona waren es Gold für Rupprath und sechs Final-Teilnahmen in den Einzel-Disziplinen, die 4 x 200-m-Freistilstaffel holte Bronze. Und bei Olympia 2004 in Athen war Rupprath Vierter, Steffen Driesen und Marco di Carli standen im Medaillenkampf über 100 m Rücken, die Lagenstaffel glänzte mit Silber.
"Die Frauen schwimmen schneller"
Nach Melbourne kamen sie fast alle mit dem Gefühl, in vollem Saft zu stehen. Dieses Gefühl wich dem Ärger auf sich selbst oder auf etwas, das keiner so recht greifen kann. Europameister Meeuw ist "natürlich frustriert. Ich kann es mir nicht erklären." Seine Zeiten wären für Bezirks- und Hessenmeisterschaften akzeptabel, meinte er. Auch Cheftrainer Örjan Madsen rätselt und kann nur sagen: "Die Frauen schwimmen schneller." Das ist im Prinzip schon seit Jahren so; doch es gelang immer wieder, vor allem in den Staffeln, das Optimum aus den Männern heraus zu kitzeln.
Doch die jungen Wilden, als die Meeuw, di Carli oder andere nach anfänglich respektablen Ergebnissen und Erfolgen betrachtet worden sind, tauchen regelrecht ab. Es gibt möglicherweise zu wenig interne Herausforderungen: Von den 14 Männern, die sich für die WM qualifiziert hatten, kommen nur Lars Conrad und Jens Schreiber aus dem gleichen Club. Der Rest verteilt sich über das Land. Früher gab es Zentren wie Hamburg, Offenbach, Hannover, Bonn - dort haben sich die Besten schon im Training gegenseitig angestachelt. Heute sind es Einzelkämpfer, die bei einer WM eine Zweckgemeinschaft bilden. "Man hat auch keine hohen Erwartungen an die Herren gestellt", sagt Christa Thiel. "Die Männer sollten sich ein Beispiel an den Mädchen nehmen." (Von Dietmar Fuchs und Richard Janssen, dpa)
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