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Angelique Kerber, 26, wurde in Bremen geboren und spielt seit 2003 auf der WTA-Profitour, auf der sie bislang drei Turniere gewann. Die Weltranglistenzehnte trifft am Wochenende im Finale des Fed-Cups in Prag mit dem deutschen Team auf Tschechien.

© dpa

Angelique Kerber im Interview: "Die Enttäuschungen haben uns gestärkt"

Die deutsche Tennisspielerin Angelique Kerber spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über den Druck vor dem Fed-Cup-Finale, das Wir-Gefühl im deutschen Team und den New York Marathon.

Frau Kerber, Sie tauchen gern und sind bei einem Ihrer ersten Tauchgänge mal einem Hai begegnet. War in dem Moment Ihr Puls höher oder ist er es jetzt vor dem Fed-Cup-Finale gegen Tschechien, das am Samstag beginnt?

Es ist tatsächlich ungefähr gleich. Man merkt, dass es immer näher kommt, die Aufregung spüre ich ganz klar. Nur noch ein paar Tage, ein paar Nächte, dann geht es los. Der Pulsschlag ist sehr hoch. Ähnlich wie damals unter Wasser mit dem Hai.

Lässt sich dieses Finale sonst mit irgendetwas vergleichen?

Nein, es ist etwas ganz Anderes. Es ist nicht wie bei einem Grand Slam. Von uns war noch keine in so einer Situation. Es ist auf jeden Fall eines der Highlights meiner Karriere. Es wird schwer gegen die Tschechinnen, die haben schon zweimal gewonnen. Aber ich weiß, dass wir alles tun, um uns so gut wie möglich zu präsentieren. Dass Tennis nach 22 Jahren wieder so im Fokus steht, ist etwas Besonderes. Es wird live im Fernsehen gezeigt, es wird darüber gesprochen – auch unter anderen Sportlern.

Sie standen zweimal in einem Grand-Slam-Halbfinale, aber am Wochenende geht es um den wichtigsten Mannschaftstitel und 10.000 Zuschauer werden gegen Sie sein. Wie kann man sich darauf vorbereiten?

Es gab schon oft Situationen, in denen ich aufgeregt war. Aber ich konnte mich immer darauf verlassen, dass ich es irgendwie hinbekomme. Dieses Mal bin ich wirklich gespannt, wie nervös ich sein werde. Ob ich vielleicht in der Nacht vor dem Match kein Auge zumache. Es ist eine komplett neue Situation, aber auf diese Herausforderung freue ich mich. Man merkt, dass der Druck größer ist, das Interesse der Öffentlichkeit stärker. Aber ich will es positiv angehen, mit Spaß spielen und für Deutschland alles aus mir herausholen.

Wie frisch fühlen Sie sich noch am Ende dieser langen Saison?

Die Asien-Tour war schon sehr anstrengend und deshalb war die Pause danach wichtig. Ich konnte etwas runterkommen, trainieren und mich richtig auf den Fed-Cup vorbereiten. Es war etwas schade, dass ich nur als Ersatzspielerin bei den WTA-Championships in Singapur dabei war. Ich habe die Trainingseinheiten dort aber komplett für den Fed- Cup genutzt und fühle mich jetzt wieder frischer.

Die deutschen Spielerinnen schienen schon seit den US Open Anfang September in Gedanken nur beim Finale zu sein. Und Andrea Petkovic konnte mit der Belastung zuerst nicht gut umgehen. Wie war das bei Ihnen?

Es war schon schwierig, weil ich seit New York häufig auf das Finale angesprochen wurde – obwohl es noch so viele Wochen hin war. Ich bin gut damit umgegangen, aber im Hinterkopf war das Endspiel natürlich präsent.

Dann musste die Bundestrainerin Barbara Rittner in den letzten Wochen also viele beruhigende Gespräche führen?

Barbara ist immer in Kontakt mit uns, aber sie hat uns eigentlich erstmal in Ruhe gelassen, bis wir unser letztes Turnier gespielt hatten – dann hat sie uns nicht mehr in Ruhe gelassen (lacht).

Die Bundestrainerin sagte, Sie seien ein „sensibler Trotzkopf“. Stimmt das?

Ja, ich denke schon (lacht). Ich bin sicherlich stur und auch ein Trotzkopf. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch, so lebe ich das auch auf dem Platz und gerade diese Emotionen helfen mir in schwierigen Situation.

Wie kommt es, dass es bei den Männern immer Querelen gibt, im Fed-Cup-Team hingegen ständige Harmonie herrscht?

Wir kennen uns einfach alle schon sehr lange, und jede weiß inzwischen, wie sie auf die andere zugehen muss. Oder wann man jemanden mal in Ruhe lassen muss. Ich spreche inzwischen auch offen an, wenn mir etwas nicht passt. Wir haben mit den Jahren gelernt, uns zu respektieren – mit allen Stärken und Schwächen.

Welchen Anteil hat Barbara Rittner?

In den zwei, drei Wochen, in denen wir Fed-Cup spielen, sind wir zusammen und da halten wir auch zusammen. Barbara hat natürlich einen großen Anteil daran, dass es so klappt, weil sie uns von klein auf kennt. Ohne Barbara wären wir sicher nicht hier. Aber ohne uns wäre Barbara auch nicht hier. Mit den Jahren sind wir eine Einheit geworden. Die Achterbahnfahrt in der zweiten Weltgruppe, die Enttäuschungen, die Erfahrungen – das Gute und Schlechte hat uns gestärkt und zusammengeschweißt.

Jetzt ist Sabine Lisicki nach längerer Zeit in diese Einheit zurückgekehrt – passt das?

Sabine war bei den letzten Fed-Cups nicht dabei, aber sie gehörte immer zum Kreis des Teams dazu. Gegen Serbien hat sie zum Beispiel mit Anna-Lena Grönefeld das entscheidende Doppel gewonnen. Sie ist eine gute Spielerin und hat das in den letzten Wochen wieder gezeigt. Wir wollen gemeinsam alles tun, um den Fed-Cup zu gewinnen.

Vor zwei Jahren in Wimbledon hatte man den Eindruck, Sie beide verstehen sich nicht so gut. Wie ist Ihr Verhältnis heute?

Wir respektieren uns und zwischen uns ist alles in Ordnung.

Mit der Dänin Caroline Wozniacki sind Sie dagegen von klein auf befreundet. Sie ist gerade den New York Marathon in weniger als dreieinhalb Stunden gelaufen – wäre das etwas für Sie?

Auf keinen Fall (lacht)! Beim Marathon bin ich raus, das ist nichts für mich. Caroline hat es immer geliebt, zu laufen und es war für einen guten Zweck. Das ist toll.

Ihre Puste reicht aber schon für dieses Marathon-Wochenende in Prag?

Natürlich – ich habe genug Puste, für alles, was jetzt noch kommt.

Das Gespräch führte Petra Philippsen

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