Sport: Die Hoffnung des Letzten
Nach dem 0:4 in Bremen sucht Herthas Trainer Meyer Zeichen für eine bessere Zukunft
Berlin. Hans Meyer drehte sich einmal im Kreis und wünschte den Anwesenden noch „einen schönen Sonntag“. Für diejenigen, denen Hertha BSC am Herzen liege, „war das natürlich ironisch gemeint“, schob Meyer hinterher. Diesen Nachsatz hätte er sich sparen können. Denn Hertha hatte alles andere als einen schönen Samstag verlebt, und für gewöhnlich wenden sich die Dinge über Nacht eher selten um 180 Grad. Hertha startete in Bremen mit einer 0:4-Niederlage in die Bundesligarückrunde und rutschte ab auf den letzten Tabellenplatz. Meyer stellte sich tags darauf hin und sagte: „So hoffnungslos ist es nicht. Grundsätzlich hat sich unsere Situation nicht verändert.“
Grundsätzlich stimmt das wohl, wenn man einmal davon ausgeht, dass Hertha als Tabellenvorletzter zum Titelfavoriten an die Weser gefahren war. „Eine normale Niederlage in Bremen hätte mich nicht umgehauen“, sagte Meyer, also dürfe auch eine nicht ganz so normale Niederlage die Mannschaft nicht umhauen. Marcelinho hatte mit einem schweren Fehler die Bremer Führung eingeleitet. Danach war Hertha bis zur Halbzeitpause in alte Schwäche verfallen. Doch die Viertelstunde vor dem 0:1 und teilweise auch die zweite Halbzeit waren so schlecht nicht. Das hatte auch der Trainer entdeckt und als Pluspunkt verbucht: „Nach der Pause haben die Spieler das dann im Rahmen ihrer Möglichkeiten besser gemacht, ohne aber den Eindruck zu hinterlassen, das Spiel noch einmal kippen zu können.“ Und doch wirkte Meyer am Tag danach ernüchtert, „ich hatte einfach gedacht, dass die Mannschaft schon weiter wäre“. Vor allem im mentalen Bereich. Ein Gegentor ist das Normalste im Fußball, danach dürfe man nur nicht vergessen, „was wir abgesprochen und uns erarbeitet hatten. Aber nach dem 0:1 brach die Mannschaft weg.“ Die Ursachen sind weniger in den Beinen der Spieler als vielmehr in ihren Köpfen zu suchen.
Hoffnung macht Meyer, dass die Mannschaft „im Training schon viel mehr gezeigt hat – Ordnung, Zweikampfverhalten“. Nur leider zeigten die Spieler das gegen Werder nur in der ersten 15 Minuten und dann noch einmal, als das Spiel schon verloren war. „Uns muss es gelingen, 15 fehlerfreie Minuten gegen Mannschaften zu verlängern, die uns derzeit als Team und individuell überlegen sind.“
Tatsächlich war ansatzweise zu sehen, dass die Mannschaft willens ist, als eine solche auftreten. In der Endphase der Hinrunde sah es danach überhaupt nicht aus. „Wir müssen den Kopf hoch halten und zusammenstehen“, sagte etwa Nationalspieler Arne Friedrich. Sonst brauche man am kommenden Sonntag gegen den VfB Stuttgart gar nicht anzutreten.
Es sind die kleinen Dinge, auf die es jetzt ankommt. Meyer findet, dass ein 0:4 auf den ersten Blick „viel schlimmer wirkt, als es tatsächlich hergibt“. In Bremen aber habe eben nicht Weltklasse gegen Kreisklasse gespielt, nur die Art und Weise, wie die Tore gefallen sind, „ist für unsere Arbeit hinderlich“. Meyer weiß, dass er die Köpfe der Spieler erreichen muss. Das Spiel auf dem Rasen sei simpel, das Drumherum aber schwer in den Griff zu kriegen. Genau dafür wurde Meyer als erfahrener Fußballpädagoge geholt. „Die Spieler müssen sich selbst befreien“, sagt Meyer, „ich kann ihnen nur eine bescheidene Hilfe sein.“ Als Beispiel darf Marcelinho gelten. Mit Talent und Technik feudal ausgestattet, versagte er in Bremen in zwei wichtigen Momenten. Marcelinho müsse sich zuerst selbst helfen, wie übrigens alle anderen auch, sagt Meyer. „Selbstvertrauen kann sich jeder nur selbst holen.“ Am einfachsten geht das über Erfolgserlebnisse.
Ganz persönlich erlebte das der junge Malik Fathi. Der 20-Jährige spielte in der Vierer-Abwehrkette „und er hat seine Sache sehr gut gemacht“, fand Meyer. Überhaupt habe der Trainer kleine Fortschritte im Deckungsverhalten gesehen. Das Experiment, den Abwehrchef Dick van Burik vor die Abwehr zu ziehen, halte er nicht für missglückt, auch wenn nach der Niederlage die Argumente an Kraft verlieren. Verbessert werden muss das Verhalten der Spieler, wenn die Mannschaft im Ballbesitz ist. „Da dürfen sich nicht zwei, drei Spieler verstecken“, sagt Meyer.
Die Grundlagen für den Klassenerhalt sollen im Frühjahr gelegt sein. „Die Berliner müssen spüren, dass was geht, dass wir uns nicht in die Hose machen“, sagt Meyer. „Die Heimspiele müssen wir gewinnen, und auswärts mal punkten.“ Seine Botschaft ist simpel: Verloren ist noch nichts.