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Verteidiger Julian Gressel jubelt nach dem Schlusspfiff über den Gewinn des Meistertitels.

© John Bazemore/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Major League Soccer: Die märchenhafte Geschichte des Julian Gressel

Julian Gressel ging in die USA, um zu studieren und ein bisschen Uni-Fußball zu spielen. Nun hat er die Major League mit seinem Klub aus Atlanta gewonnen.

Als der große Moment endlich da ist, macht Julian Gressel seinen Mannschaftskameraden einen Strich durch die Rechnung. Gerade wurde die Meister-Trophäe vom Boss der Major League Soccer (MLS) an die Mannschaft von Atlanta United übergeben. Doch statt sie von Spieler zu Spieler wandern zu lassen, schnappt sich der 24-Jährige den begehrten Silberpott, springt vom Podium auf den Rasen und rennt alleine übers Feld der tosenden Fankurve entgegen.

Gressel ist mit seinem Team ja auch etwas wirklich Besonderes gelungen: Denn mit dem 2:0-Sieg gegen die Portland Timbers im MLS-Finale, dem Endspiel um die Fußballmeisterschaft in Nordamerika, hat der Klub einer chronisch erfolglosen Sportstadt endlich wieder einen Titel beschert – erst der zweite überhaupt, nach dem Sieg der Baseball-Meisterschaft durch die Atlanta Braves 1995.

Schon direkt nach dem Schlusspfiff war Gressel einmal kurz alleine vor die imposante Fan-Tribüne getreten. Während seine Mitspieler noch im Mittelkreis feierten, stand er alleine mit feuchten Augen vor dem Meer aus Schals und Fahnen und hob dankend die Arme.

Die enge Beziehung zwischen ihm und den Fans ist kein Zufall, denn was Fußball-Begeisterung in den USA angeht, haben die Anhänger von Atlanta in den vergangenen zwei Jahren neue Maßstäbe gesetzt. „Dieser Titel ist für die Fans. Es ist einfach unglaublich wie sie uns von Anfang an unterstützt haben“, betont Gressel. Doch auch er hat einiges beigetragen zum Titelgewinn: In seinem zweiten Jahr in Atlanta hat sich der Mittelfeldspieler zum Leistungsträger entwickelt und war in dieser Saison einer der besten Vorlagen-Geber der Liga.

Seit Samstag ist er ein Star

Der Franke aus Neustadt an der Aisch, der mit 19 Jahren und etwas Regionalliga-Erfahrung in die USA ging um zu studieren und gleichzeitig Uni-Fußball zu spielen, ist in der Südstaaten-Metropole Atlanta spätestens seit Samstag ein Star – und Teil einer einzigartigen Erfolgsgeschichte, die im US-Fußball so kaum jemand für möglich gehalten hat. Denn genauso märchenhaft wie Gressels Werdegang ist auch die Geschichte seines Klubs. Schon als 2014 die Erweiterung der MLS mit einem Team in Atlanta bekanntgegeben wurde, formierten sich die ersten Fangruppen – drei Jahre vor dem ersten Pflichtspiel. „Viele Leute hier hatten einfach Hunger auf Fußball.

Sie waren vorher schon Fußballfans, hatten aber eher Vereine aus England oder Deutschland verfolgt”, sagt Gressel. „Und dann haben sie hier endlich etwas Neues bekommen, mit dem sie sich voll identifizieren konnten.” Direkt mit den ersten Auftritten im Frühjahr 2017 war die Begeisterung voll da. Die elektrisierende Atmosphäre bei Heimspielen von Atlanta United sprach sich schnell herum in der Stadt. Gute Ergebnisse und der attraktive Offensivfußball, den Trainer Gerardo Martino spielen ließ, taten ihr Übriges. Immer mehr Fans der klassischen US-Sportarten sprangen auf den Zug auf und selbst bekennende Fußball-Muffel zeigten sich nach einem Stadion-Besuch begeistert. Zuschauerzahlen von über 70 000 wurden mehr und mehr zur Normalität, und das in einer Liga, in der im Schnitt nur etwa 20 000 Fans in die Stadien kommen. Deshalb hat Gressel auf die bislang legitime Frage, ob auf Atlanta als Sportstadt ein Fluch liege, im Moment seines größten Triumphs auch die passende Antwort: „Jetzt nicht mehr!”

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