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Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Schon gar nicht im Bereich der Laufschuhe.

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Kolumne „Losgelaufen“: Die neuesten Laufschuhtrends bringen den Füßen wenig

Unsere Kolumnistin war tatsächlich in einem Fachgeschäft für Laufschuhe. Aber so richtig kann sie sich für die neuesten Trends immer noch nicht erwärmen.

Jeannette Hagen ist freie Autorin in Berlin, Sportlehrerin und Läuferin. Hier schreibt sie im Wechsel mit Radsporttrainer Michael Wiedersich.

Vor ein paar Tagen gab es in einem Magazin einen Laufschuh-Vergleichstest, der mich daran erinnerte, dass ich mich vor knapp einem Jahr hier als „Schuhneukaufmuffel“ geoutet habe. Die Dinge haben sich geändert. Noch nicht so, dass ich von mir behaupten könnte, in Sachen Laufschuhe auf dem neuesten Stand zu sein, aber immerhin so, dass ich es in ein Fachgeschäft geschafft habe.

Nun bin ich stolze Besitzerin von drei Paar Laufschuhen und kann mich zwischen meinen steinalten, denen, die meine Pronation ausgleichen und dem Paar, das so weich gepolstert und leicht ist, dass ich darin fast schwebe, entscheiden.

Ich mache das intuitiv, laufe aber oft in den alten. Zu tief sitzt vermutlich die Überzeugung, dass es gar nicht so sehr auf den Schuh ankommt, sondern auf das Gefühl.

Kennen Sie Lorena Raminez? Sie läuft in Rock und Sandalen. Schon immer. Ultra-Strecken, Trails, Stadtläufe. Ihr Kommentar zu den Hightech-Schuhen, die sie regelmäßig von diversen Herstellern zugeschickt bekommt: „Leute, die solche Schuhe tragen, laufen mir eigentlich immer hinterher.“ Ich habe schallend gelacht, als ich das hörte. Überhaupt lohnt es sich, die Dokumentation über sie zu sehen. Sie relativiert so einiges, was man glaubt über das Laufen zu wissen.

Unseren Füßen würde es vermutlich am besten gefallen, wenn wir überhaupt keine Schuhe tragen

Bitte nicht falsch verstehen – ich will niemanden verärgern der Wert darauflegt, das optimale Schuhwerk zu tragen. Mich treibt nur die Frage um, was denn optimal ist. Aus orthopädischer Sicht betrachtet, lautet die Antwort nämlich anders, als aus der Sicht eines Schuhherstellers, obwohl der natürlich die orthopädischen Aspekte einbezieht.

Unseren Füßen würde es vermutlich am besten gefallen, wenn wir überhaupt keine Schuhe tragen, was angesichts der Rahmenbedingungen der meisten Laufstrecken wiederum eine reichlich romantische Ansicht ist. Wer schneidet sich schon gern die Füße an Glassplittern oder Kronkorken auf?

Das ist aber meist gar nicht der springende Punkt. Ich kenne einige, die dem Trend gefolgt sind, die sich sogenannte Minimalschuhe zugelegt und dann ihr Training wie gewohnt absolviert haben. Die ersten Läufe haben sie noch euphorisch hinter sich gebracht, aber nach einiger Zeit klagten die meisten über schmerzende Knie, gestresste Achillessehnen und Fersenschmerzen.

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Ebenso jene, die normalerweise mit der Mittelsohle oder Ferse aufgetreten sind, sich aber zum Vorfußlauf gezwungen haben, weil es irgendwo hieß, dass das unsere natürliche Art zu laufen wäre. Ich habe das eine Zeitlang auch versucht, habe ganz vorsichtig immer wieder ein paar Schritte eingebaut und allmählich gesteigert, weil ich überzeugt war, dass das Vorfußlaufen die Laufgeschwindigkeit beeinflusst. Was probiert man nicht alles, um den Pace nach unten zu drücken? Aber ich musste mich eines Besseren belehren lassen, denn der Vorfußlauf ist nun mal nichts für Menschen mit einem Spreiz- und Senkfuß.

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass es wenig bringt, Trends hinterherzulaufen oder Idole zu kopieren. Also lass ich es, mir ein Beispiel an Lorena Raminez zu nehmen, laufe nicht in Sandalen, sondern wechsele zwischen alt, Anti-Pronation und federleicht.

Jeannette Hagen

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