Sport: Die Rechnung kommt noch
Hertha hat rund 17 Millionen Euro Schulden – ob der Klub trotzdem wirtschaftlich gerüstet ist, wird der Lizenzantrag zeigen
Berlin. Ob er denn in den letzten Tagen gut geschlafen habe, wurde Ingo Schiller gefragt. Schiller lächelte und nickte nur. Ihn, den schwergewichtigen Gemütsmenschen, kann so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Auch nicht die wochenlange Erstellung des Lizenzantrages für die nächste Saison. „Der ist so dick wie ein Aktenordner“, sagt Schiller, Geschäftsführer von Hertha BSC.
Lizenzanträge waren in früheren Jahren für Herthas Verantwortliche eine prekäre Sache, weil so manches Mal die Gefahr der Lizenzverweigerung bestand. Die Zeiten sind vorbei. Doch seit der Kirch-Krise und den damit verbundenen Finanznöten vieler Bundesligisten ist die Deutsche Fußball Liga besonders hellhörig geworden. Und sie hat bereits angekündigt, besonders scharf zu kontrollieren. So müssen alle Klubs jeden Monat Ist-Soll-Bilanzen vorlegen.
Dass auch Herthas Finanzsituation Sorgen bereitet, liegt nahe. Nicht nur, weil der Verein durch die Reduzierung der Fernsehgelder rund 3,5 Millionen Euro Einbußen pro Saison hat. Noch einmal dieselbe Summe büßt der Verein durch den Stadionumbau ein. In der kommenden Saison verbessert sich die Situation allerdings leicht. Zum einen, weil sich die Zuschauerkapazität etwas erhöht und mit dem Teilbau des Daches auf der Gegentribüne wieder teurere Plätze zur Verfügung stehen. Zudem werden rund 20 Logen für betuchte Zuschauer angeboten. So richtig Geld ist damit allerdings erst mit dem Ende des Umbaus 2004 zu verdienen. „Unsere Strategie ist darauf ausgerichtet, das Stadion dann richtig zu vermarkten“, sagt Schiller. Wobei allerdings im Finanzministerium Pläne bestehen sollen, die steuerliche Abzugsfähigkeit von Werbungskosten drastisch einzuschränken und dabei auch die Logen und VIP-Bereiche ins Visier zu nehmen.
Neben den verminderten Fernseheinnahmen und den Einbußen durch den Stadionumbau trägt Hertha auch weiterhin schwer an mindestens 17 Millionen Euro Verbindlichkeiten und den Kosten für das Home of Hertha am Olympiastadion. Die Rede ist von 14 Millionen Euro, die allerdings bis 2006 gestreckt werden können. Dass kürzlich bekannt wurde, Hertha prüfe ein Anleihemodell in zweistelliger Millionenhöhe ähnlich wie das des FC Schalke, sagt genug. „Ob wir ein solches Modell allerdings wahrnehmen, ist völlig offen“, sagt Schiller.
Mit den Konditionen für die verlängerten Spielerverträge (stark reduzierte Grundgehälter und leistungsbezogene Prämien) hat Hertha die Personalkosten, den weitaus größten Ausgabeposten, erheblich gesenkt. Zudem wird der Kader weiterhin verkleinert. Der Gesamtetat von zuletzt 45,8 Millionen Euro wird laut Schiller „leicht erhöht“, wie in dieser Saison wird mit einem Zuschauerschnitt von 38 000 kalkuliert. Ob die Eintrittspreise erhöht werden, „ist noch nicht entschieden worden“, sagt Schiller.
Am Freitag hat Schiller den Lizenzantrag Richtung DFL auf den Weg gebracht. In spätestens sechs Wochen wird er wissen, ob er gute Arbeit geleistet hat.
Klaus Rocca