Sport: Die Vermutung der Unschuld
So ist das manchmal mit Skandalen. Am Ende will keiner mehr etwas von ihnen wissen.
So ist das manchmal mit Skandalen. Am Ende will keiner mehr etwas von ihnen wissen. Auf diese Vergesslichkeit hofft der vom Doping durchsetzte Radsport. Wenn er sich da mal nicht täuscht.
Ein halbes Jahr, nachdem die Affäre um den spanischen Dopingarzt Fuentes die Tour de France und somit den gesamten Radsport erschütterte, gehen die Profiteams über jeden Verdacht gegen Fahrer wie Ivan Basso und Jan Ullrich hinweg. Mit acht zu sieben Stimmen haben die Teams jetzt in Brüssel entschieden, die US-Mannschaft „Discovery Channel“ nicht zu ächten. Obwohl sie gerade Basso verpflichtet hat. Die Unschuldsvermutung soll also gelten im Radsport – obwohl namentlich gekennzeichnete oder codierte Blutbeutel aufgetaucht sind, die auf systematischen Betrug hindeuten. Einer DNS-Probe, die jeden Dopingverdacht zweifelsfrei ausräumen könnte, haben sich Basso und Ullrich nicht unterziehen wollen. Ist es da richtig, von der Unschuldsvermutung auszugehen?
Bei ihrem Treffen in Brüssel hätten die Radmannschaften jetzt die Möglichkeit gehabt, ein klares Signal gegen Doping zu setzen. Stattdessen wollen sie abwarten, was mögliche Zivilprozesse bringen. Der eigene Ethik-Code, den sich die wichtigen Teams auferlegt hatten, um verdächtige Fahrer von weiteren Starts abzuhalten, wird damit unterminiert.
Ivan Basso wird bald wieder fahren. Jan Ullrich könnte es auch. Die prominentesten Protagonisten des Fuentes-Skandals bald wieder umjubelt bei der Tour de France? Ein Ende des Skandals wäre das nicht. Eher eine peinliche Fortsetzung.