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Sport: "Du bist so blöd, so dumm, so schlecht!"

NEW YORK .Erst flog der Schläger in hohem Bogen über den Platz.

NEW YORK .Erst flog der Schläger in hohem Bogen über den Platz.Dann folgte die schrille Selbstanklage der Erstrunden-Verliererin, die bei den US Open 1998 ganze 65 Minuten im Arbeitseinsatz gewesen war: "Das war so schlecht, so furchtbar - ich kann es nicht glauben", sagte die geschlagene und niedergeschlagene Anke Huber am Ende ihres kurzen New Yorker Tennis-Abenteuers.Mit der 3:6, 3:6-Niederlage gegen Iva Majoli (Kroatien) erlitten die Comeback-Bemühungen der Deutschen einen schmerzhaften Rückschlag: "Ich kann mir diese Pleite nicht erklären", sagte die Nationalspielerin, die in den Wochen vor dem letzten Grand-Slam-Höhepunkt dieser Saison durchaus ansehnliche Leistungen gezeigt hatte.

Es sei bitter, so Hubers Trainer Zoltan Kuharsky, "daß die Anke ausgerechnet in dem Moment versagt hat, als es wirklich um etwas ging".Kopfschüttelnd ging Manager Ralf Scheitenberger."Ich begreife das nicht", sagte der engste Huber-Berater.Von einem "ganz unkonzentrierten Match" sprach Damen-Bundestrainer Markus Schur: "Anke hat ohne Selbstbewußtsein und ohne Sicherheit gespielt." Hilflos, ratlos und in der bitteren Schlußphase auch wehrlos präsentierte sich Huber in New York.Selbst bei einfachen Schlagkombinationen unterliefen ihr haarsträubende Irrtümer, allein zwei Dutzend Mal brachte die Deutsche beim Aufschlag-Return nicht den Ball zurück ins Feld."Ich war richtig verzweifelt, daß nichts klappte", sagte die ehemalige Top-Ten-Spielerin.Statt leidenschaftlicher Gegenwehr und engagierten Aufbäumens zeigte die Deutsche schließlich nur noch Emotionen in lautstarken Attacken gegen sich selbst: "Du bist so blöd, so dumm, so schlecht", hallte die wütende Huber-Tirade über den Court.

Die 23jährige hatte auch unter den Folgen ihres Ranglisten-Absturzes bis auf Platz 23 gelitten.Als ungesetzte Spielerin mußte die deutsche Nummer eins gleich zum Auftakt gegen die French-Open-Siegerin des Vorjahres, die Kroatin Iva Majoli, antreten und wäre bei einem Sieg gar auf die Schweizerin Martina Hingis getroffen."Ich muß jetzt konstant gut spielen, um in der Rangliste wieder nach oben zu kommen", sagte Anke Huber, "dann werden die Aufgaben bei den großen Turnieren auch wieder leichter."

Doch bei diesen Bemühungen um eine Rückkehr in die Weltspitze schleppt die Karlsdorferin enormen Ballast mit sich herum: Dazu zählt das angespannte Verhältnis zwischen Huber-Trainer Kuharsky und Huber-Manager Scheitenberger, der den Coach mißtrauisch beäugt und laut Insidern nicht für fähig hält, die 23jährige wieder nach vorn zu bringen.Dazu zählen aber auch das äußerst schwierige Verhältnis Hubers zu den Verantwortlichen des Deutschen Tennis Bundes und die Ereignisse beim Fed Cup in Moskau.Beim Relegationsspiel in Rußland hatte sich die 23jährige mit Spritzen vollpumpen lassen, um im Abstiegskampf überhaupt antreten zu können.Doch DTB-Verantwortliche hatten Huber später mit Vorwürfen überhäuft, nur weil sie am Sonntagabend, nach der 1:4-Niederlage, vor der Mannschaft aus der russischen Hauptstadt abgereist war."In der Führung des deutschen Damentennis muß sich einiges ändern, bevor ich nochmal für den DTB antrete", sagte Huber in einer kaum verhüllten Rücktrittsforderung an DTB-Trainer Markus Schur, dessen Vertrag Ende 1998 ausläuft."Vorerst jedenfalls", so Huber, "werde ich nicht mehr Deutschland spielen".

JÖRG ALLMEROTH

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