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Sport: Ein wirklich würdiger Weltmeister

HANNOVER .Alex Corretja hat im "Freundschafts-Spiel" mit seinem alten Vertrauten Carlos Moya zum ersten Mal die ATP-Weltmeisterschaft gewonnen und damit seine bisher erfolgreichste Tennisserie mit einem überraschenden Triumph gekrönt: Bei seinem harterkämpften 3:6, 3:6, 7:5, 6:3, 6:4-Endspielsieg in Hannover gegen Moya stellte Corretja die innerspanische Hierarchie in der Weltspitze auf den Kopf und blieb erstmals in einem großen persönlichen Duell mit Moya siegreich.

HANNOVER .Alex Corretja hat im "Freundschafts-Spiel" mit seinem alten Vertrauten Carlos Moya zum ersten Mal die ATP-Weltmeisterschaft gewonnen und damit seine bisher erfolgreichste Tennisserie mit einem überraschenden Triumph gekrönt: Bei seinem harterkämpften 3:6, 3:6, 7:5, 6:3, 6:4-Endspielsieg in Hannover gegen Moya stellte Corretja die innerspanische Hierarchie in der Weltspitze auf den Kopf und blieb erstmals in einem großen persönlichen Duell mit Moya siegreich.Im Finale von Roland Garros Anfang Juni war noch Moya der nerven- und spielstärkere Hauptdarsteller gewesen."Ich fühle mich wie der glücklichste Mensch der Welt", sagte Corretja, der erst zum zweiten Mal in seiner Laufbahn das Kunststück fertigbrachte, einen 0:2-Satzrückstand noch in einen Sieg zu verwandeln.Diese Energieleistung war um so verwunderlicher, da Corretja schon im Halbfinale den Weltranglisten-Ersten Pete Sampras in drei Sätzen niedergerungen hatte.Als einziger spanischer Tennis-Weltmeister stand zuvor Manuel Orantes (1976) in den Geschichtsbüchern.

In der heutigen Abschluß-Rangliste ist der zum Allrounder gewachsene Corretja auf Platz 3 so hoch eingestuft wie niemals zuvor.Neben netten Komplimenten für einen "grandiosen, unglaublich intensiven Saison-Schlußspurt" (Daviscup-Chef Manuel Santana) nahm der Katalane ganz nebenbei die ansehnliche Summe von 1360000 US-Dollar mit in den wohlverdienten Urlaub.Der zweitplazierte Carlos Moya durfte sich mit einem Arbeitslohn von immerhin 660000 Dollar trösten.Moya bleibt in der Tennis-Hitparade zum Saison-Ultimo auf Platz 5.

Bei dem vorweihnachtlichen Fest der spanischen Tennis-Familie in Hannover war der 22jährige Moya nicht wieder der herrschende Patriarch auf dem Center Court.Nur in der Anfangsphase schien Moya die prickelnde und pikante Situation, gegen seinen langjährigen Freund um eine große Tennis-Trophäe streiten zu müssen, wieder professioneller zu bewältigen: "Auf dem Platz denke ich nur an mich selbst", hatte Moya zuvor gesagt, "sonst könnte ich meinen Beruf gleich aufgeben." Der sympathische, selbst in Spielerkreisen wegen seiner ausgesuchten Höflichkeit geschätzte Corretja wirkte lange Zeit befangen und spielte nicht annähernd mit der gleichen Entschlossenheit wie etwa gegen Sampras."Ich war bis zum Beginn des dritten Satzes wie gelähmt, regelrecht blockiert im Kopf", sagte Corretja, der zum ersten Mal die Qualifikation für eine WM geschafft hatte.

Erst nach zwei verlorenen Durchgängen und einer drohenden Niederlage vor Augen kämpfte Corretja mit dem Mut der Verzweiflung, der ihn auch zu einer Wende nach 0:1-Satzrückstand gegen Sampras angetrieben hatte.Gegen den nun wesentlich entschlosseneren Corretja kam Moya auch nicht mehr zu den überraschend häufigen Netzattacken, mit denen er zuvor die langen Grundlinienduelle der Ausdauerspezialisten zielstrebig beendet hatte.Mit dem 7:5 im dritten Durchgang erarbeitete sich Corretja dann jenes Selbstvertrauen und jene Souveränität, die schließlich zum größen Erfolg seiner Laufbahn führten.Seine ungeheure Willensstärke zeigte der 24jährige nach dem 2:2-Satzausgleich auch im fünften und letzten Durchgang, in dem er frühzeitig mit 1:3 ins Hintertreffen geriet.Doch selbst mit diesem Vorsprung im Rücken durfte sich Moya gegen den widerspenstigen Freund nicht sicher sein.Corretja fightete zurück, glich auf 3:3 aus und verkraftete auch einen vergebenen Matchball beim Stande von 5:4 mühelos.Nach genau vier Stunden stand der Katalane als Sieger fest.

Im Gegensatz zu Moya, der vor dem Schluß-Punkt von Hannover kein einziges Indoors-Spiel gewonnen hatte, war Corretja ein logischerer Weltmeister.Immerhin hatte Corretja sowohl unter freiem Himmel (Indianapolis, Gstaad, Dubai) als auch unterm Hallendach von Lyon gewonnen (gegen Haas).Außerdem errang er seine Turniersiege auf Sand, Hartplatz und Teppichboden."Alex ist ein wirklich würdiger Weltmeister", sagte ATP-Chef Mark Miles bei der Siegerehrung auf dem Center Court der Messehalle 13.

JÖRG ALLMEROTH

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