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Sport: Eiskunstlaufpaar Wötzel/Steuer Erfüllen Sich Einen Traum: Die Schmerzen gingen - Bronze kam

Der 31jährige Chemnitzer ist im richtigen Moment in der Schulter beschwerdefreiVON JUTTA DEISS NAGANO.Eiskunstlauf ist ungerecht, weil die Gewinner nie ganz sicher sein können, ob alle oder nur die Preisrichter sie als Sieger sehen wollten.

Der 31jährige Chemnitzer ist im richtigen Moment in der Schulter beschwerdefreiVON JUTTA DEISS NAGANO.Eiskunstlauf ist ungerecht, weil die Gewinner nie ganz sicher sein können, ob alle oder nur die Preisrichter sie als Sieger sehen wollten.Deswegen orientierten sich Artur Dmitriew und Oksana Kazakowa vorsichtshalber von vornherein an denen, die statt mit Zensuren mit ihrem Beifall werten."Ich habe zu Oksana gesagt: Wir müssen gefühlvoll laufen.Wir müssen speziell fürs Publikum laufen." Und so war Eiskunstlaufen ausnahmsweise gerecht, weil das russische Paar Olympiasieger wurde, das auch den größten Applaus bekam. Eiskunstlaufen ist ungerecht, weil die Läufer immer überlegen müssen, ob sie nun für die Leistung heute, für die gestern - oder für die in der Zukunft zu erwartende belohnt wurden.Deswegen hat Ingo Steuer an der Seite von Mandy Wötzel die Bilanz über den Tag hinaus gezogen: "Im vergangenen Jahr sind Mandy und ich Weltmeister geworden, und wir haben keine so gute Leistung gezeigt.Heute waren wir sehr, sehr gut - und haben Bronze gewonnen." Eiskunstlauf ist ungerecht, weil Angela Siedenberg, die Präsidentin der Deutschen Eislauf-Union, recht hatte, als sie als Preisrichterin mit internationaler Erfahrung sagte: "Mandy Wötzel und Ingo Steuers Leistung war eine Silbermedaille wert." Aber diese Silbermedaille wurde anderweitig eingesetzt.Siedenberg: "Sie war ein Geschenk an ein junges aufstrebendes Paar, dem die Zukunft gehört.Aber eben die Zukunft." Eiskunstlauf ist ungerecht, weil Elena Bereschnaja und Anton Sicharulidse todunglücklich auf dem Sofa in der Tränenecke saßen und die Wertungen sie nur ein wenig trösten konnten, weil geschenktes Edelmetall immer weniger wert ist als erarbeitetes.Ihre Trainerin Tamara Moskwina hat sie später gewiß davon überzeugt, daß sie sich jetzt richtig freuen müssen, weil man sonst merken könnte, daß sie sich eigentlich gar nicht freuen dürfen. Eiskunstlauf ist ungerecht, weil man in diesem Sport früh lernt, niemals zu sagen, was man denkt, wenn es etwas Negatives sein sollte.Wötzel/Steuers Trainerin Monika Scheibe herzte und küßte Anton Sichuralidse und sagte von ihrem Paar, daß mehr nicht möglich gewesen sei.Steuer sagte: "Warum wir nicht Silber bekommen haben? Fragen Sie die Preisrichter.Es ist deren Problem, nicht das der Sportler." Eiskunstlauf ist ungerecht, weil es so viele Möglichkeiten gibt, Fehler abzuziehen oder zu übersehen - und immer klingt es dann fachlich sehr kompetent und kompliziert.Manchmal freilich reicht der gesunde Menschenverstand, um die höhere Mathematik dieses Sports als mangelhaft zu entlarven: Wenn ein Paar - wie Bereschnaja/Sichuralidse - in zwei Wettbewerbsteilen deutliche Fehler macht und es andere - wie Wötzel/Steuer - gibt, die deutlich kleinere Fehler machen, dann ist es ganz einfach: Dann dürfen die einen nicht die wertvollere Medaille bekommen als die anderen. Eiskunstlauf ist ungerecht, weil über diesen endlosen Diskussionen oft die Freude über den Erfolg schnell verloren geht.Deswegen war der 31jährige Chemnitzer Steuer so wild zur Farbenblindheit entschlossen: "Gold, Silber, Bronze, das ist uns egal.Dies ist meine erste olympische Medaille und es ist meine letzte.Mir fehlen die Worte." Nie waren sie so einig wie heute.Mandy Wötzel: "Wir sind ein Paar mit einer Meinung." Sie lagen sich in den Armen wie zwei, die sich lieben.Sie gingen händchenhaltend zum Sofa in der Tränenecke, auf dem sie die Wertungen erwarteten wie ein Brautpaar, das auf den Segen des Pfarrers wartet.

JUTTA DEISS

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