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Jake Hanes wird auch mal emotional, wenn es darauf ankommt.

© dpa/Julius Frick

Emotionen und Körperlichkeit: So wirbelt Ausnahmespieler Jake Hanes die Volleyball-Bundesliga auf

Vom Buch im Zug zur Dominanz auf dem Spielfeld: Jake Hanes begeistert bei den Volleys. Wie emotional sein Spiel ist – und was er an Berlin besonders liebt.

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Wer Glück hat, kann in der Berliner S-Bahn den besten Volleyballspieler in Deutschland treffen. Denn der US-Amerikaner Jake Hanes fährt aus dem Zentrum der Hauptstadt fast jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Trainingszentrum von Rekordmeister BR Volleys im Westend.

„Ich fahre zwar gelegentlich mit dem Auto, aber ich lese lieber ein Buch oder höre einen Podcast, als 30 Minuten im Stau zu stehen“, erzählt der 2,12 Meter-Hüne, der in der Bahn auch Volleyball-Laien auffallen dürfte, der dpa vor dem Saisonstart des Hauptstadtclubs gegen den alten Rivalen VfB Friedrichshafen am Dienstagabend (19.30 Uhr/Dyn).

Für Aufsehen auf dem Feld sorgt der physisch gewaltige Diagonalangreifer seit seiner Ankunft in Berlin im vergangenen Jahr. Am Ende seiner ersten Spielzeit könnte die Bilanz kaum besser sein: Der 27-Jährige wurde zum wertvollsten Spieler der Volleyball-Bundesliga ernannt. Die Volleys holten wieder Meisterschaft, Pokal und Ligacup.

Er könne „sich kaum beschweren“, sagt Hanes bescheiden. In der neuen Spielzeit will er noch mehr zeigen. „Ich versuche also immer, meinen Prozess voranzutreiben und Wege zu finden, um besser zu werden.“ Auch im Ligacup-Finale zeigte der US-Amerikaner jüngst wieder seine ganze Klasse und überragte mit 33 Punkten.

Niroomand traut Hanes die Weltspitze zu

Volleys-Geschäftsführer Kaweh Niroomand ist begeistert. „Das war wirklich ein Best-Case-Szenario. Wir wussten, er ist ein sehr kraftvoller, körperlich ganz starker Spieler“, sagt der 73-Jährige. „Wie die meisten Amerikaner: Kein Problem im Training, immer bereit, immer einsatzbereit, sehr teamorientiert.“ Dass sich Hanes aber so schnell akklimatisiere, sei überraschend gewesen.

Das ist natürlich ein junger Mann, der hat ein paar Jahre, um dann auch sportlich und finanziell voranzukommen.

Kaweh Niroomand

Der erfahrene Volleyball-Manager traut dem 27-Jährigen den Sprung in die absolute Weltspitze zu. „Von daher ist es auch klar, dass so jemand wie Hanes natürlich nicht dauerhaft in Berlin bleiben wird. Davon müssen wir ausgehen“, sagt der Iran-Deutsche. „Er fühlt sich hier sauwohl, das hat er mir immer wieder bestätigt. Aber das ist natürlich ein junger Mann, der hat ein paar Jahre, um dann auch sportlich und finanziell voranzukommen.“ Da locken dann größere und lukrativere Ligen als die deutsche.

Hanes sagt zu seinen Zukunftsplänen eher vage: „Ich versuche, mich weiterzuentwickeln und der beste Spieler zu werden, der ich sein kann. Und wohin mich das führt, sehen wir dann.“ In Berlin schätzt er nach Jahren in kleineren Städten das urbane Leben, dass er aus seiner Heimat Chicago kennt. Besonders das Kulturangebot und die Restaurant-Vielfalt.

Manchmal gehen die Emotionen mit Hanes durch

So ruhig der 27-Jährige neben dem Feld daherkommt, so sehr geht er auf dem Feld aus sich raus. Mit seiner emotionalen Art reißt er sein Team regelmäßig mit, eckt aber in anderen Hallen auch mal an. Im hitzigen Spiel gegen den neuen Haupt-Konkurrenten Lüneburg etwa kollidierte er bei einer Rettungsaktion mit einer Person am Anschreibetisch.

Von den Rängen gab es viel Ärger und der US-Amerikaner geriet dann auch noch mit dem Schiedsrichter aneinander. „Wir wissen, dass Jake ein emotionaler Spieler ist, aber er muss sich zügeln“, sagte Niroomand damals. Bei der Pressekonferenz vor der neuen Saison stellte er aber auch klar, dass er die damaligen Reaktionen in Lüneburg übertrieben fand.

Die Niedersachsen zeigten bereits beim Ligacup und einem Testspiel vor der Saison, dass sie trotz eines XXL-Umbruchs wieder ein ernsthafter Herausforderer sein dürften. Schon in der vergangenen Saison gab es aus dem Umfeld des Clubs einige forsche Töne.

Niroomand will sein Team eigentlich auf dem Platz antworten lassen, kann sich einige Spitzen aber nicht verkneifen. „Der Traum, dass der Fernsehturm wackelt, wird immer ein Traum sein“, sagt er in Anspielung auf eine Aussage von SVG-Geschäftsführer Andreas Bahlburg vor der Finalserie.

Das Gerüst der Mannschaft blieb

„Wir haben versucht, wie immer in den vergangenen Jahren, das Gerippe der Mannschaft zusammenzuhalten. Das war auch ein wichtiger Grund für unsere Titel, die wir geholt haben“, sagt Niroomand über den neuen Kader. Als Ersatz für Zuspieler Johannes Tille wurde der Finne Fedor Ivanov geholt, der bei der WM sein Potenzial zeigte. Maximilian Treiter und Arthur Wehner sollen als große deutsche Talente aufgebaut werden.

Und mit Nolan Flexen steht der nächste US-Mann in den Startlöchern. „Er ist körperlich wirklich fast ein kleines Wunder, was der für athletische Voraussetzungen mitbringt“, sagt Niroomand. Flexen müsse aber noch lernen, wenn „es um die Wurst geht in bestimmten Spielen, dann auch da zu sein.“ Aber so lange die Berliner S-Bahnen nicht streiken, hat Trainer Joel Banks ja auch noch einen MVP für diese Momente. (dpa)

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