Sport: Erfolgreiche Erbengemeinschaft
Im ersten Rennen nach Michael Schumacher siegt Kimi Räikkönen – die deutschen Fahrer überzeugen
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Kimi Räikkönen hielt den Siegespokal in Melbourne noch gar nicht in der Hand, da hatte er schon die Glückwünsche von Michael Schumacher im Ohr. Auf dem Weg zur Siegerehrung reichte ihm Ferrari-Chef Jean Todt das Handy, „aber irgendwie war die Verbindung so schlecht, dass ich kaum etwas verstanden habe“, erzählte Räikkönen. Zumindest für die italienischen Fans der Formel 1 hat er mit seinem deutlichen Triumph seinen abgetretenen Vorgänger fast schon ein bisschen vergessen gemacht.
Kommunikationsprobleme hatte der Finne auch zuvor im Auto, sein Funk war ausgefallen, „es war fast unmöglich, mit der Box zu reden“. Das waren dann aber auch die einzigen Probleme, mit denen der Schumacher-Nachfolger in seinem Debütrennen bei Ferrari zu kämpfen hatte – die Konkurrenz bescherte ihm an diesem Tag kaum welche. Für Ferrari begann 2007 also, wie 2006 in Brasilien geendet hatte: mit einem Sieg. Das geht also auch ohne Michael Schumacher.
Am ehesten wären wohl noch die beiden McLaren-Mercedes-Piloten in der Lage gewesen, Räikkönen nahe zu kommen. Doch denen kam gleich am Anfang Nick Heidfeld im BMW-Sauber in die Quere: Der setzte sich, mit weichen Reifen und ein bisschen weniger Sprit unterwegs, am Start erst einmal vor die beiden Silberpfeile. „Das hat mich riesig gefreut“, sagte Heidfeld (siehe Interview unten).
Die Strategie von McLaren-Mercedes war mit dem verlorenen Startmanöver allerdings hinfällig. „Wir haben gleich am Anfang zu viel Boden verloren, um dann noch einmal auf Nahdistanz zu kommen“, ärgerte sich Teamchef Ron Dennis. Debütant Lewis Hamilton stahl dabei sogar zwei Drittel des Rennens lang Weltmeister Fernando Alonso die Show, den er am Start ausgetrickst hatte. Erst am Schluss spielte Alonso seine Klasse und Routine aus. Er kalkulierte mit seinem etwas späteren zweiten Boxenstopp – und holte sich schließlich souverän den zweiten Platz hinter Räikkönen zurück. Dass die beiden den Titel 2007 unter sich ausmachen, scheint durchaus möglich. „Ferrari war heute noch zu schnell für uns, wir müssen noch ein bisschen arbeiten“, sagte Dennis. Aber immerhin habe das Team gezeigt, „dass wir hier sind, um zu gewinnen, nicht nur, um bloß mitzufahren“.
Neuling Hamilton war trotz seines Rückschlags begeistert von seiner Formel-1-Premiere. „In meinem ersten Rennen gleich aufs Podium zu kommen – das ist viel mehr, als ich je zu träumen gewagt hätte“, sagte Hamilton. Auch Mercedes-Sportchef Norbert Haug sah einen viel versprechenden Saisonstart für sein Team. Er bezeichnete sein Team selbstbewusst als „ erste deutsche Kraft in der Formel 1“. Vier deutsche Fahrer kämpfen um die Nachfolge von Michael Schumacher. Und sie präsentierten sich an diesem Wochenende durchaus in ansprechender Form.
Auch wenn Nick Heidfeld nach seinem dritten Rang im Qualifying am Ende als Vierter einen Platz auf dem Podium knapp verfehlte: Sein Team BMW-Sauber etablierte sich in Melbourne eindeutig als Nummer drei im Feld hinter Ferrari und McLaren. Heidfelds Teamkollege Robert Kubica war zwar mit einem Getriebedefekt ausgefallen, doch bei BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen überwog die Freude. „Was wir hier geschafft haben, ist die Basis für die ganze Saison“, sagte Theissen.
Aber nicht nur Mercedes, BMW und Heidfeld bewiesen, dass in der Formel 1 auch nach dem Rücktritt von Michael Schumacher weiter Deutsch gesprochen wird. Punkte gab es auch für Nico Rosberg als Siebten und Ralf Schumacher als Achten, wobei vor allem Rosbergs Fahrt vom zwölften Startplatz aus nach vorn sehr viel Anerkennung brachte. Auch Rosberg freute sich: „Sehr zufrieden bin ich mit meinem Überholmanöver gegen Ralf Schumacher, denn das hat mein Rennen gerettet.“ Ralf Schumacher war über die Aktion weniger begeistert. „Wenn ich nicht nachgegeben hätte, hätte es gekracht“, sagte Schumacher. Aber ein Punktgewinn und beide Autos im Ziel – das sei für Toyota ein gutes Ergebnis.
Auch Debütant Adrian Sutil konnte zufrieden sein. Mit dem Spyker als 17. immerhin ins Ziel gekommen, den Teamkollegen Christijan Albers das ganzen Wochenende über klar beherrscht – das war ordentlich. Zwei Boxendurchfahrtsstrafen wegen Ignorierens blauer Flaggen und dem Überfahren der weißen Linie an der Boxenausfahrt hakte Teamchef Collin Kolles als nützliche Erfahrung ab. Auch wenn die deutschen Fahrer nicht ganz vorne dabei waren, so zeigten sie doch ihre Qualitäten. Und vielleicht wird Michael Schumacher bald mal einem von ihnen zu einem Sieg gratulieren dürfen.
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