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Gereizte Stimmung: Stuttgarts Andreas Beck (r) und Herthas Jordan Torunarigha geraten aneinander.

© Daniel Maurer/dpa

Update

Niederlage in Stuttgart: Es brodelte zwischen Hertha und Stuttgart

Das Spiel zwischen Hertha BSC und dem VfB Stuttgart gibt Rätsel auf. Nach einer starken ersten Hälfte brach die Mannschaft in der zweiten Halbzeit komplett ein.

Rainer Widmayer hatte im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll zu tun. Dem Co-Trainer von Hertha BSC wird ein ganz besonderer Draht zu einem der jüngsten und talentiertesten im Berliner Kader nachgesagt, zu Jordan Torunarigha. Deshalb sah es Widmayer am späten Samstagnachmittag, nach dem Abpfiff des Bundesliga-Spiels beim VfB Stuttgart, auch als oberste Bürgerpflicht an, den Innenverteidiger einzufangen; er musste dafür sein ganzes Körpergewicht aufbringen und einen formvollendeten Wrestling-Griff anwenden. Torunarigha wollte und wollte sich trotz aller Bemühungen nicht beruhigen.

Offenbar war er von einem Gegenspieler „übel beleidigt“ worden, wie Widmayer später berichtete. Torunarigha selbst konnte in der Causa nichts Erhellendes beitragen; wie viele andere Kollegen verließ er wortlos und mächtig angefressen das Stuttgarter Stadion. Torhüter Rune Jarstein etwa saß bereits wenige Minuten nach Abpfiff im Mannschaftsbus. 

Angesichts des Spielverlaufs war der Ärger im Berliner Lager absolut verständlich: Nach einer ersten Halbzeit, in der Hertha keinen einzigen Torschuss zuließ, 70 Prozent Ballbesitz erzielte und folgerichtig mit 1:0 in die Pause ging, verspielten die Berliner im zweiten Durchgang alles: Zwei Treffer von Mario Gomez stellten ein Spiel auf den Kopf, in dem sich die Gäste im Grunde nur selbst schlagen konnten. „Es gab in meiner Hertha-Zeit sicherlich einige unnötige Niederlagen“, sagte Fabian Lustenberger, „aber diese zählt sicher zu den unnötigsten.“

Trainer Pal Dardai, der die Schlussphase an der Seitenlinie mit dem Bewegungsradius eines Steins verfolgte, analysierte: „Vielleicht waren die letzten Siege ein bisschen zu viel für uns, vielleicht waren wir einen Tick zu zufrieden.“ Durch die Niederlage verpasste sein Team obendrein die Chance, zumindest zeitweilig an der Europapokal-Konkurrenz aus Frankfurt und Leipzig vorbeizuziehen.

Im Vergleich zum Heimsieg gegen Frankfurt begannen die Berliner mit einer auf drei Positionen veränderten Formation: Arne Maier (krank), Marko Grujic (Bänderriss) und Salomon Kalou rotierten für Vladimir Darida, Per Skjelbred und Maximilian Mittelstädt aus der Startelf. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt sahen 47860 Zuschauer eine weitestgehend ereignisarme Begegnung. Chancen waren zunächst akute Mangelware, das Niveau erinnerte zu Beginn stark an Herthas jüngste Dienstreise nach Hannover.

Hertha erzielt mühelosen ersten Treffer

Erst nach einer halben Stunde wurden die Gäste mutiger und übernahmen die Kontrolle; der VfB schaffte es in der Folge kaum über die Mittellinie. Das Berliner Spiel wirkte im Vergleich zum Abstiegskandidaten aus dem Schwabenland deutlich strukturierter und zielstrebiger. Wer bis Samstag nicht verstanden hatte, warum die Stuttgarter über den mit Abstand harmlosesten Bundesliga-Sturm (neun Treffer) verfügen, dem diente die erste Halbzeit als erstklassiger Beleg. 

Auf der anderen Seite belohnten sich die Gäste mit einem wunderbar herausgespielten Treffer für ihre Feldüberlegenheit: Davie Selke setzte Ibisevic in Szene, der zunächst noch von Christian Gentner am Abschluss gehindert wurde. Allerdings sprang der Ball direkt vor die Füße von Maximilian Mittelstädt, der seine Farben mit dem ersten Bundesliga-Tor seiner Karriere mit 1:0 in Führung und auf Kurs brachte. VfB-Keeper Ron-Robert Zieler war zwar noch mit den Fingerspitzen am Ball, konnte die Flugbahn aber nicht mehr entscheidend beeinflussen.

In der zweiten Spielhälfte kam Stuttgart durch

„Nach der Pause hatten wir überhaupt keinen Zugriff mehr und haben nicht mehr gut verteidigt“, sagte Lustenberger. Dieser Umstand weckte einerseits das Publikum auf und ermöglichte andererseits einige Stuttgarter Chancen Nach einer guten Stunde schlug der gerade einwechselte Anastasios Donis eine Flanke auf den zweiten Pfosten; von dort aus legte Nicolas Gonzales auf Mario Gomez ab, der sich gleich gegen zwei Berliner durchsetzte und zum 1:1-Ausgleich traf.

Für den VfB war es erst das vierte Heimtor in dieser Saison. Es führte dazu, dass die finale Phase zu einem echten Stresstest für die Berliner werden sollte. Sie bestanden ihn nicht: Christian Gentner zirkelte eine Viertelstunde vor Schluss eine Flanke auf den Kopf von Mario Gomez, der völlig freistehend zum 2:1-Endstand vollendete. 

Mit dem Mut der Verzweiflung warfen die Gäste anschließend noch einmal alles nach vorn. Davie Selke bot sich sogar noch zwei Mal die Gelegenheit zum Ausgleich; einmal scheiterte der Stürmer an Ron-Robert Zieler im VfB-Tor, kurz darauf schoss er eine Etage zu hoch am Tor vorbei. 

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