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Stark am Ball. Die Deutsche Sara Däbritz (rechts) und die Schwedin Kosovare Alsani bei der EM:

© dpa

Kolumne: So läuft es: Frauen sind leichte Opfer

Die EM der Frauen ist für viele Männer ein Anlass, sich abfällig über Fußballerinnen zu äußern. Sexismus gibt es aber auch in anderen Sportarten – zum Beispiel beim Laufen.

Wie gut, dass es dieses Internet gibt. Und diese sozialen Netzwerke. Denn damit wird oft einfach das sichtbar, was lange Zeit immer hinter vorgehaltener Hand geflüstert wurde. Die scheinbare Anonymität lässt viele mutig werden, die Hüllen fallen. Die deutschen Fußballerinnen hatten gerade ihr erstes Match gegen die Schwedinnen begonnen, da war das Netz voller Kommentare. Überall diese unsäglichen Herrenwitze. Übrigens auch von einigen – natürlich männlichen – Fußballexperten. Aussagen wie: „Naja, ganz süß. Ich hab echt versucht, mir das ganze Spiel anzusehen. Aber Fußball sollte vielleicht doch Männersache bleiben.“ Peinlich. Wie unglaublich peinlich und klein.

Wir sind im Jahr 2017 und der Sexismus blüht spätestens dann auf, wenn wieder Frauenfußball-WM oder -EM ist. Was soll das? Die Frauen trainieren hart, hängen sich voll rein, werden sie gefoult, stehen sie – im Gegensatz zu einigen Männern mit schauspielerischen Fähigkeiten – direkt wieder auf. Sie verdienen nur einen Bruchteil dessen, was die Herren hinterhergeschmissen bekommen, was mit Gleichberechtigung alles nichts zu tun hat. Nichts. Und sie machen es trotzdem. Für Deutschland. Alleine das verdient großen Respekt.

Sexismus gibt es auch im Laufsport

Nun könnte man meinen, dass es diese Art von Sexismus nur im Fußball gibt. Weil dieser Sport einfach eine sehr lange männliche Tradition hat. So lange, dass Homosexualität noch immer ein Tabuthema ist. Aber das ist ein anderes Thema. Sexismus ist jedoch leider längst auch im Laufsport angekommen. Wenn Männer beim Marathon nur eine sehr knappe Hose und ein enges Singlet tragen, dann ist das okay. Tragen Frauen ein ähnliches Outfit, ist das geil.

Bei einem meiner letzten Läufe überholte ich eine sehr junge und bedingt durch die Hitze knapp bekleidete Läuferin. Eine Läuferin im Wald, ein leichtes Opfer. Uns kamen zwei junge Männer entgegen. Ich war bereits an ihnen vorbei und hörte einen von ihnen sagen: „Hallo schöne Frau. Mit einem Sport-BH läuft es sich gerade bei Ihnen bestimmt besser.“

Es war ihr peinlich, einfach nur peinlich. Das sah ich, als ich mich umdrehte. Sie lief weiter, ich lief zurück. „Wenn Ihr wirklich Eier habt, dann lauft Ihr mit mir den Jungfrau–Marathon im September. Und? Eier?“, fragte ich. Nie war der Wald stiller. Ausnahmesituation? Nein!

Egal wo Frauen laufen, und egal wie gut sie laufen, das interessiert oftmals gar nicht. Egal ob auf internationalen Wettkämpfen oder einfach nur beim Laufen in der City: Gerade im Sommer sind die Outfits bei den Frauen sehr knapp. Und das ist gut so, denn der Körper braucht Kühlung. Machen wir uns nichts vor.

Schöne Körper finden wir alle toll. Frauen gucken nach Männern, Männer nach Frauen, das war so. Das ist so. Das kann gerne so bleiben. Im Boxsport konnte man die Rockpflicht bei Frauen verhindern. Beim Beachvolleyball dürfen Frauen endlich auch Shorts tragen. Ein Jammer, dass sich Frauen so vor Sexismus schützen müssen. Anstatt über das Outfit zu sprechen, oder darüber zu diskutieren, wer nun welchen Sport besser macht, sollten wir uns wieder darauf besinnen, was beim Sport, was beim Laufen wirklich wichtig ist: Sport verbindet! So läuft es.

Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.

Mike Kleiß

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