Sport: Gemütlicher Stress
Die deutschen Kombinierer fiebern einem erfolgreichen Winter entgegen
Es ist gelegentlich gut, nochmal nachzufragen. „Jetzt beginnt unsere gemütlichste Zeit“, sagt Georg Hettich, doch das verwundert ein wenig. Heute beginnt in Kuusamo für die Nordischen Kombinierer der Weltcup – mit all seinen Anstrengungen. Trotzdem sagt Hettich: „Zwischen den Weltcups wird nicht viel trainiert, um die Uni muss ich mich momentan in meinem Praxis-Semester auch nicht kümmern – so können wir uns jetzt eher erholen.“
Für Bundestrainer Hermann Weinbuch werden die kommenden Wochen allerdings nicht so lässig. Zumal mit der Weltmeisterschaft in Oberstdorf ein Höhepunkt auf sein Team wartet. Weinbuch hat mit Hettich, der im vergangenen Jahr im Einzel zweimal Platz vier belegte, Weltcupsieger und Weltmeister Ronny Ackermann, Sebastian Haseney, Jens Gaiser, Björn Kircheisen und Youngster Tino Edelmann eine viel versprechende Mannschaft beisammen. Bei den Weltmeisterschaften 2001 und 2003 sowie den Olympischen Spielen 2002 kehrten die deutschen Kombinierer jeweils mit zwei bis vier Medaillen zurück. „Das ist wieder unser Anspruch“, sagt Weinbuch.
Georg Hettich ist der Athlet, von dem sein Trainer einen großen Sprung nach vorne erwartet. „Er hat bei Einstellung und Konsequenz noch einen Zahn zugelegt“, sagt Weinbuch, „wenn nichts Außergewöhnliches passiert, wird Hettich unser zweitbester Mann hinter Ackermann.“ Hettich gibt sich bereits selbstbewusst und will in Oberstdorf neben einer Team- auch eine Einzelmedaille gewinnen. Er kennt aber auch die hohen Ansprüche von Hermann Weinbuch. „Der eigentliche Stress ist, dass wir ein starkes Team sind“, sagt der Schwarzwälder, „da ist man schnell wieder hinten dran.“
Inzwischen haben die nordischen Zweikämpfer genug vom Training und wollen unbedingt Wettkämpfe bestreiten. Sie wollen auch dann starten, wenn die Temperaturen in Kuusamo unter der nur nach Absprache zulässigen Grenze von minus 18 Grad liegen. Diese Temperatur hat der Wetterbericht angekündigt.
Trainer Weinbuch hat aus der letzten Saison Konsequenzen gezogen. Damals startete Ronny Ackermann mit vier Siegen, ließ später aber nach und wurde hinter dem Finnen Hannu Manninen im Gesamtweltcup Zweiter. Anstatt nun wie früher in Skandinavien zu trainieren, wo zu dieser Jahreszeit nur drei Stunden lang die Sonne scheint, ließ er in Seefeld und St. Moritz üben. Unter blauem Himmel. „Licht und Sonne, das gibt Energie“, sagt Weinbuch, „wenn du immer im Dunkeln trainierst, musst du schon hochmotiviert sein.“ Die Folgen der Lichttherapie können ab sofort besichtigt werden.
Lutz Rauschnick[Kuusamo]