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Sport: Gewettet wird auf alles

Der britische Markt ist der profitabelste Europas

Fünf Ketten mit dichten Filialnetzen teilen sich den britischen Wettmarkt. Er ist nicht nur der mit Abstand größte und profitabelste in Europa, sondern auch der am weitesten entwickelte der Welt, sagt Professor Leighton Vaughn Williams vom Institut für Wettforschung der Universität Nottingham Trent.

Seit Schatzkanzler Gordon Brown vor drei Jahren die Wettsteuer abschaffte, stieg der Umsatz der britischen „Bookmakers“ von 7,5 auf 40 Milliarden Pfund im Jahr. Immer dichter und komfortabler wird das Netz der Wettbüros im Inselstaat. Es gibt rund 8500 Wettbüros in den britischen Einkaufs- und Geschäftszentren. Das sind nicht mehr verrauchte, düstere Höhlen, in der Männer mit tief ins Gesicht gezogenen Mützen ein- und ausgehen. Heute sitzt hier der Banker im Anzug und setzt seine Wetten bei einer Tasse Kaffee.

Auch das Internet zieht immer neue Kunden für immer komplexere Wetten an. „Wetten in acht Sprachen und elf Währungen“, damit wirbt Großbritanniens größter Online-Anbieter, William Hill. Längst sind die Zeiten des alten Toto-Zettels vorbei, auf dem man nur auf Gewinn oder Niederlage wetten konnte. Es gibt komplexes „Live betting“, bei dem die Wetter bei sich verändernden Preisen im laufenden Spiel setzen. Neue Formen des „Spread betting“ bei Online-Buchmachern wie dem „Sporting Index“ funktionieren wie der Future Handel am Finanzmarkt. Die „Punters“, wie die Wettbegeisterten heißen, „kaufen“ beispielsweise Tore, deren Wert sich dann nach dem tatsächlichen Ausgang eines Spieles richtet.

Laut Professor Vaughn Williams werden Woche für Woche rund 100 Millionen Pfund in diesen modernen Wettformen umgesetzt, in der die Spieler direkt gegeneinander wetten. Gewettet wird in Großbritannien auf alles, aber die Rangordnung ist klar: „Pferderennen, dann Hunde, dann Fußball“, sagt Warren Lush vom Wettgiganten Ladbroke. Rund 65 Prozent des Geldes geht auf Ereignisse im Pferdesport. Vergangenen Juni haben die Briten beispielsweise 150 Millionen Pfund auf den Ausgang des Galopprennens „Grand Nationals“, aber nur 50 Millionen Pfund auf das FA-Cup-Finale im Fußball verwettet.

An Skandalen und Betrugsvorwürfen ist kein Mangel. Liverpools Torhüter Bruce Grobbelaar soll 1993 für 40 000 Pfund ein paar Tore von Newcastle durchgelassen haben, behauptete die „Sun“. Grobbelaar gelang es nicht, seinen Namen vor Gericht reinzuwaschen. Als 1997 in drei Spielen der Premier League plötzlich in der zweiten Halbzeit die Flutlichter ausfielen und die Spiele abgebrochen werden mussten, war ein asiatisches Wettsyndikat am Werk, das die Elektriker bestochen hatte. Der Ausgang der abgebrochene Spiele wird bei den asiatischen Wettern wie ein Endergebnis gezählt. Doch dies, folgerte ein offizieller Bericht 1998, sind „vereinzelte Vorfälle“. Ungewöhnliche Wetten, sagt Lush, würden heute schnell erkannt und die Bücher dann geschlossen.

Wegen Wettbetrugs vor Gericht gestellt wurde bisher kaum jemand. Schummeln ist bei Sportereignissen im britischen Recht kein strafrechtlicher Tatbestand. Das allerdings soll ein neues Glücksspielgesetz nun ändern.

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