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Sport: Glückliche Jugend

Malik Fathi hat sich bei Hertha BSC in die Stammelf gespielt

Berlin. Vor einigen Monaten wurde Malik Fathi von einem Reporter überrascht. Der Fußballprofi von Hertha BSC, so berichtete der Mann im Fernsehen, habe eine „traurige Kindheit“ erlebt und seinen Vater, „einen Araber, nie kennen gelernt“. Fathi war so überrascht, dass er diese Geschichte gleich seinem türkischen Vater beim gemeinsamen Abendessen erzählen musste.

Über Malik Fathi ist bislang nicht viel geschrieben worden. Mittlerweile hat sich die Nachrichtenlage verändert, und Fathi hat einiges dazu beigetragen. Nach dem letzten Testspiel von Hertha BSC beim Karlsruher SC, als er auf der linken Defensivseite „richtig gut gespielt hat“, wie Trainer Hans Meyer später sagte, plauderte Fathi flott in ein Mikrofon: „Ich gehe zu 70 Prozent davon aus, dass ich beim Bundesligaspiel in Bremen von Anfang an spiele.“ Trainer Hans Meyer wäre es sogar lieber, „wenn er 72 Prozent gesagt hätte“, denn das, so sagte Meyer leicht ironisch, „würde auf ein größeres Selbstvertrauen schließen lassen“. Michael Hartmann jedenfalls, der deutsche Nationalspieler, hat Fathi seinen Stammplatz in der Viererabwehrkette überlassen müssen, das ist die Erkenntnis der vergangenen Trainingswochen. Gestern beim Trainingsspiel der A-Mannschaft gegen die Reservisten zählte Fathi zu den sieben Spielern, die in allen drei Dritteln in der ersten Elf standen.

Trotzdem hat sich Fathi im Nachhinein über seine Wortwahl geärgert. „Das war nicht klug und gehört sich nicht“, sagt er. Wie komme denn so etwas an im Team, vor allem bei den älteren Spielern? In der Tat lachten die Kollegen über Fathis Siebzig-Prozent-Spruch und sprachen von einem „Anfängerfehler“. Aber immerhin, sie lachten, das ist kein schlechtes Zeichen. Der 20 Jahre alte Linksfuß genießt wegen seiner taktischen Stärke und seiner Ruhe eine gewisse Wertschätzung im Team. Im Gegensatz zu den beiden anderen Juniorennationalspielern, die im Sommer einen Profivertrag bei Hertha unterschrieben haben, hat Fathi nicht nur physischen, sondern auch einen psychischen Vorteil. Alexander Ludwig, den die „Bild“- Zeitung im Sommer schon zum neuen Sebastian Deisler ausgerufen hat, wurde wie Sofian Chahed, ebenfalls 20 Jahre alt, mit in das Loch gerissen, als die Mannschaft in der Tabelle immer tiefer stürzte.

Man muss Fathi im Training nur einmal beobachten: Mit welcher Ruhe er Bälle annimmt, dem Gegner nicht spektakulär, sondern fast sachlich zu Leibe rückt, und auch sonst immer ganz lässig bleibt. Mancher hat gelächelt, als er im Herbst plötzlich in seinem neuen, blauen Mercedes CLK vor der Kabine vorfuhr, was etwas albern aussah, weil er bis dahin nie in der Bundesliga, sondern nur bei Herthas Amateuren in der Oberliga gespielt hatte. Als im Herbst dann die U-20-WM in den Vereinigten Arabischen Emiraten anstand, hat Fathi allerdings alles richtig gemacht. Ein Reporter einer Boulevardzeitung wollte Fathi, Ludwig und Chahed in den Zoo schicken, sie als Scheich verkleiden und vor Kamelen fotografieren. „Wir müssen erst fragen“, sagte Fathi. Dann marschierten die drei auf den Trainingsplatz, Fathi vorneweg, und fragten Mannschaftskapitän Dick van Burik um Erlaubnis. „Geht in Ordnung“, antwortete der Holländer, „aber nur, wenn wir am Wochenende gewinnen.“ So kam es, und die drei Jungs standen verkleidet vor Kamelen. Van Burik hat später gesagt: „Ich war schwer beeindruckt.“

André Görke

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