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Drei-Spiele-Heimat. Über zerkleinerte Baumrinde schreiten Düsseldorfs Fans zu den improvisierten Tribünen. Im Hintergrund ist das eigentliche Stadion zu erkennen. Foto: dpa

© dapd

Sport: Hereinspaziert! Herausspaziert!

Stewardessen und der Geruch von Pferden: Ein Besuch in der Düsseldorfer Fertigbauarena

„Hereinspaziert! Hereinspaziert!“ Wäre doch lustig, wenn das Sicherheitspersonal die Besucher von Fußballspielen einmal so begrüßen würde. Stattdessen heißt es immer: „Ihre Tasche zur Kontrolle, bitte.“ Oder: „Tasche! Kontrolle!“ Meistens sind die Bewacher von Eingängen nicht zum Scherzen aufgelegt, auch in Düsseldorf ist das so.

Dabei wäre die Gelegenheit günstig. Für das neue Stadion, im dem später Fortuna Düsseldorf und der 1. FC Union gegeneinander Fußball spielen sollen, lassen sich viele mehr oder weniger komische Bezüge herstellen. Ihr Verein hätte das Stadion bei Ikea gekauft, sagen die Fans in der Düsseldorfer Stadtbahn und überbieten sich mit schwedischen Namensvorschlägen. Die treffendste Bezeichnung findet später aber Fortunas Trainer Norbert Meier. „Übergangsstadion“ nennt er die Spielstätte, die in nur 50 Tagen aus fertigen Einzelteilen zusammengesetzt und nun zum Sehnsuchtsort vieler „Stadionhopper“ geworden ist.

„Übergang“, das passt. Es soll ja nur für kurze Zeit sein. Wenn Lenas Auftritt beim Grand Prix in vier Wochen Geschichte ist, kann die Fortuna wieder in ihr eigentliches Stadion zurückkehren. Und bis dahin lässt sich die Saison auch in einem deutlich kleineren Fertigbau im Windschatten der eigentlichen Arena zu Ende bringen. „Geht ja um nichts mehr“, sagt ein Besucher. Recht hat er.

Vor dem Spiel befinden sich sowohl Fortuna Düsseldorf als auch der 1. FC Union im Mittelfeld der Tabelle, die Gefahr eines möglichen Abstiegs besteht für keines der beiden Teams. Lauer Sommerfußball liegt in der Luft.

Da spielt es auch keine Rolle, dass das Stadionareal zuerst nur wenig Fußballatmosphäre transportiert. Es riecht nach Pferden, Rindenmulch bildet den Untergrund. Schwierig, bei diesem Ambiente nicht an Zirkus oder Kirmes zu denken. Also doch: „Hereinspaziert!“ Im Stadion angekommen, weicht alle Skepsis schnell einem Gefühl von Gemütlichkeit. Ist doch ganz nett hier! Das Gefühl wird durch einen Blick auf das eigentliche Düsseldorfer Stadion noch verstärkt. Futuristisch und kühl wirkt es wie ein seelenloser Klotz. Architekten haben die Arena in ein silbernes Stahlkleid gesteckt und so unansehnlich gemacht, dass man den Veranstaltern der Gesangseuropameisterschaft gern den Vortritt lässt. Soll Lena doch da singen!

Moderne Multifunktionsarenen gibt es dieser Tage genug, das kleine „Übergangsstadion“ mit seinen gut 19 000 Plätzen ist eine willkommene Abwechselung. Fast alle Plätze sind belegt, die Fans singen, was die Kehlen hergeben, die Stimmung ist prächtig. Das Geschehen auf dem Feld trägt sein Übriges dazu bei.

Düsseldorfs Spieler rennen von links nach rechts, von hinten nach vorne und die Berliner nur hinterher. Unions Trainer Uwe Neuhaus nimmt den desolaten Auftritt seiner Mannschaft paralysiert zur Kenntnis. Regungslos verfolgt er die letzte halbe Stunde wie angewachsen auf seinem Stuhl, der aussieht wie ein Regiestuhl. Doch Neuhaus kann in die Handlung auf dem Feld nicht eingreifen, seine Spieler machen, was sie wollen. Und das ist nicht viel an diesem Tag.

Düsseldorfs Trainer Norbert Meier haben die Veranstalter etwas mehr Komfort eingeräumt. Meier thront förmlich auf dem Stuhl eines Klebstoffherstellers. Soll noch einer sagen, in Düsseldorf wackle der Trainerstuhl. Mit Werbung haben sie nicht gespart im „Übergangsstadion“, das offiziell den Namen einer Fluggesellschaft trägt. Weil im Minutentakt Flugzeuge dieser Airline vom nahe gelegenen Flughafen aufsteigen und weil das Informationspersonal an den Eingängen Stewardesskostüme trägt, bekommt man den Eindruck, in eine besonders penetrante Werbeveranstaltung geraten zu sein. Deshalb fällt der Abschied vom „Übergangsstadion“ trotz der tollen Atmosphäre auf den Rängen auch gar nicht schwer. „Herausspaziert! Herausspaziert!“

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