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Herthas Trainer Pal Dardai wehrt sich gegen eine zu negative Bewertung der Saison - auch wenn er mit den letzten Spielen wie am Samstag gegen Augsburg nicht zufrieden war.

© Annegret Hilse/dpa

Fußball-Bundesliga: Hertha BSC: Laufen gegen Schuldgefühle

Trainer Pal Dardai will sich die Spielzeit nicht schlecht reden lassen. Trotzdem könnte sich zur neuen Saison etwas ändern.

Pal Dardai ging erst einmal Laufen. Während sich ein paar tausend Menschen auf die Strecke des 25-Kilometer-Laufs von Berlin machten, drehte der Trainer von Hertha BSC im Hinterland des Olympiastadions für 25 Minuten seine Runde. Zuvor hatte er seine Mannschaft querfeldein zum Auslaufen geschickt und sich für die Berliner Medien ein wenig Zeit genommen. Ja, die erste Halbzeit in Hannover sei schlecht gewesen – wie übrigens schon die im Spiel zuvor gegen Augsburg. Aber nein, „keiner soll hier am Saisonende mit Schuldgefühlen nach Hause gehen, das ist negative Manipulation. Die lasse ich nicht zu“, sagte Dardai.

Der 42 Jahre alte Ungar, der Herthas erste Mannschaft im Februar 2015 übernahm, erst zum Klassenerhalt und in den beiden Folgejahren auf Platz sieben und Platz sechs führte, mag einen Spieltag vor dem Ende der laufenden Saison keine negative Stimmung rund um den Verein zulassen. Er könne diejenigen nicht verstehen, die nach der 1:3-Niederlage bei Hannover 96 davon sprachen, Hertha habe endgültig die mögliche Teilnahme am internationalen Geschäft verloren. „Wahr ist, wir standen in der gesamten Spielzeit nicht einmal auf Platz sechs, fünf, vier oder besser – wir haben die Europa-League-Teilnahme nie verloren, weil wir sie nie in der Hand hatten“, sagte Dardai.

Die andere Hälfte der Wahrheit ist, dass die Möglichkeit zu einer entsprechenden Platzierung immer mal wieder bestanden hat, selbst ganz spät noch, aber dafür hätten die Spiele gegen Augsburg und jetzt Hannover gewonnen werden müssen. Aber so kann Herthas Ziel nur noch sein, das letzte Saisonspiel im heimischen Rund gegen Leipzig positiv zu gestalten und die Anhängerschaft versöhnt in die Sommerpause zu entlassen. Andernfalls droht der letzte Eindruck eine letztlich solide Spielzeit unschön zu überlagern. „Da, wo wir jetzt stehen, ist Realität“, sagte Dardai, durch „jugendliche Naivität“ hätte man vielleicht zehn Punkte zu wenig auf dem Konto.

Am 28. Juni startet die Vorbereitung auf die neue Saison

Gemessen an der Talfahrt des 1. FC Köln, der im Vorjahr auf Platz fünf und damit direkt vor Hertha landete und wie die Berliner in der Europa League startete, hat Dardais Mannschaft eine stabile Runde gespielt. Der dritte deutsche Europa-League-Starter allerdings, die TSG Hoffenheim, hat die Mehrfachbelastung in der ersten Saisonhälfte besser verkraftet und spielt sogar noch um einen Platz in der Champions League mit.

Während Dardais Hannoveraner Trainerkollege André Breitenreiter nach dem 33. Spieltag von der besten ersten Halbzeit seines Teams sprach, lieferte Hertha die schlechteste ab. Der Aufsteiger, der vor der Saison vielen als erster Absteiger galt, war den Berlinern an diesem Tag in allen Belangen überlegen. Hannover war williger und wuchtiger und hatte die Larifari-Herthaner an diesem sonnigen Nachmittag förmlich abgefertigt. „Wenn man dem Gegner zur Halbzeit drei Tore Vorsprung gibt, hat man nichts verdient“, sagte Pal Dardai anderntags.

Vor allem hat man so nicht das internationale Geschäft verdient, was Hertha allerdings nie als realistisch betrachtet und daher auch nicht als Saisonziel ausgegeben hat. „Die Enttäuschung, nicht Europa League zu spielen, hält sich in Grenzen, obwohl wir gern erneut dabei gewesen wären“, sagte der dienstälteste Herthaner, Fabian Lustenberger. Der 30-Jährige ist seit 2007 unter Vertrag. In der kommenden Spielzeit wolle man wieder angreifen, sagte der Schweizer. Der Wegfall zusätzlicher internationaler Spiele unter der Woche sollte Hertha entgegenkommen.

Nach der Sommerpause wird Pal Dardai seine Spieler am 28. Juni zur Vorbereitung auf die neue Spielzeit begrüßen. Gut möglich, dass dann auch ein Mentalcoach seine Arbeit aufnimmt, wie Herthas Trainer vorsichtig ankündigte. Dass seine Mannschaft immer wieder in Momenten versagt, in denen sie in der Tabelle hätte Boden gut machen könnte, sei für den Trainer ein klassisches Kopfproblem. „Das passt mir nicht“, sagte Dardai. Dann drehte er ab und machte sich auf seine Laufrunde durch den Olympiapark.

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