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Handball: Im Fallen

Die Füchse Berlin empfangen heute den SC Magdeburg. Warum die Handballer dieses Teams keine Angstgegner mehr sind.

Es gab mal Zeiten, da hätte jeder Handball-Fan in Magdeburg nur mitleidig gelächelt, wenn ein Bundesliga-Aufsteiger vor einem Spiel in der Bördelandhalle verkündet hätte: „Wir kommen mit breiter Brust.“ Die Antwort auf dem Parkett wäre für den Neuling noch vernichtender ausgefallen als ohnehin. Dort, wo zwischen Mai 2002 und Dezember 2003 nicht einmal die internationalen Spitzenteams siegen konnten, beherrschte der ostdeutsche Traditionsklub die Konkurrenz. Heute, nicht einmal vier Jahre nachdem der THW Kiel den Bann gebrochen hat, zittert vor Magdeburg kaum jemand. Auch nicht die Füchse Berlin. Der Aufsteiger rechnet sich für das heutige Punktspiel ab 17 Uhr sogar eine Siegchance aus.

„Es ist schon traurig, welche Entwicklung der SC Magdeburg genommen hat“, sagt Markus Richwien. Als Profi bei den Berlinern möchte er heute zwar seinen Anteil zum Erfolg leisten, aber dennoch lässt es ihn nicht kalt, was in seiner Heimatstadt passiert. Von der fünften Schulklasse an war der Linkshänder durch alle Förderstufen des Magdeburger Handballs gegangen, seine Eltern leben nach wie vor in der Stadt. Glaubt man den Verantwortlichen, so dem Geschäftsführer Holger Kaiser, ist die Misere einzig und allein mit einem Namen verbunden: Bernd-Uwe Hildebrandt. Der frühere Manager, gegen den Ermittlungsverfahren laufen, auch wegen Verdachts der Untreue und der Steuerhinterziehung, wird für fehlende Gelder verantwortlich gemacht. Schon im Mai klaffte eine Lücke von 600 000 Euro im Etat, die vor der Lizenzerteilung durch Sponsoren geschlossen werden musste, zuletzt drohte nach dem Fund eines Etat-Lochs von 800 000 Euro sogar die Insolvenz. „Das ist eine Altlast von Herrn Hildebrandt“, sagt Kaiser.

Hildebrandt dagegen behauptet, dass die neue Geschäftsführung nur eigene Fehlkalkulationen überdecken will. „Das ist eine öffentliche Manipulation der Meinung.“ Hildebrandt rechnet vor, dass auf Grund von rund 400 000 Euro monatlicher Kosten der Klubetat für die laufende Saison „mindestens 4,5 Millionen Euro“ beträgt. Der SCM hat seinen Haushaltsplan mit 3,7 Millionen Euro beziffert. „Da weiß man doch, wo der Fehlbetrag herkommt“, sagt Hildebrandt.

Am Donnerstag war Holger Kaiser zu einem Gespräch bei Frank Bohmann, dem Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL). Die von der HBL geforderten Unterlagen will er bis zum Monatsende einreichen. „Wir werden die Erfüllung unserer Auflagen, die wir vor der Lizenzvergabe erteilt haben, sehr schnell nach dem 30. September überprüfen. Das ist aber kein Vorgang, der allein den SC Magdeburg betrifft“, beschreibt Bohmann den nächsten Schritt der HBL. Trotz der für ihn gebotenen Neutralität allen Vereinen gegenüber sagt Bohmann aber auch: „Der SC Magdeburg ist fundamentaler Bestandteil der Liga, allein schon wegen seiner Medienpräsenz. Der ganze Osten steht hinter dem SCM.“

Dass in der finanziellen Schieflage auch die sportliche Qualität sehr stark gesunken ist, beunruhigt nicht nur Magdeburger. Das Team von Trainer Bogdan Wenta, aktueller EHF-Cup-Sieger, liegt nach fünf Spieltagen mit zwei Erfolgen auf dem neunten Rang – ein Punkt besser als die Füchse Berlin. „Es ist klar, dass sich die Spieler mit der Situation beschäftigen und deshalb den Kopf nicht frei haben“, sagt Steffen Stiebler aus dem Magdeburger Management. Er sagt auch: „Wir machen einen Generationswechsel durch.“ Wegen der Geldprobleme wurde spekuliert, dass die polnischen WM-Zweiten Karol Bielecki und Grzegorz Tkaczyk vor Ablauf der Spielzeit gegen eine entsprechende Ablösesumme zu den Rhein-Neckar Löwen wechseln. Darauf antwortet Kaiser: „Sie bleiben definitiv bis zum Saisonende.“

Die Berliner haben dennoch keine Angst. Die beiden Stars waren schließlich auch dabei, als die Berliner in ihrem Saisoneröffnungspiel gegen Magdeburg mit 38:35 siegten.

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