Sport: Im Spiegel des Tages: Der Dienstagsfehler
Seltsame Dinge geschehen dieser Tage beim VfB Stuttgart. Am Dienstag bat Ralf Rangnick seinen Vorgesetzten Rolf Rüssmann zum Gespräch.
Seltsame Dinge geschehen dieser Tage beim VfB Stuttgart. Am Dienstag bat Ralf Rangnick seinen Vorgesetzten Rolf Rüssmann zum Gespräch. Seit zwei Jahren arbeitet er mit wenig Erfolg und noch weniger Rückhalt in der Öffentlichkeit als Trainer, Rüssmann seit drei Wochen mit ebenso wenig Glück, aber sehr viel öffentlichem Wohlwollen als Manager. Am Dienstag nun hatte Rangnick genug von seinem Job in Stuttgart, genug von den Pfiffen, den Launen der kickenden Millionäre, vielleicht auch von den eigenen Fehlleistungen. Jedenfalls wollte er dem VfB nicht mehr länger als Trainer dienen, und deshalb bat er um Beurlaubung.
Etwas Besseres hätte Rüssmann gar nicht passieren können. Längst war ihm klar, dass mit diesem Trainer nichts mehr zu holen, erst recht kein Abstieg zu verhindern war. Nun hatte er aber noch am Wochenende öffentlich Stein und Bein geschworen, er stehe hinter dem angefeindeten Rangnick. Eine Entlassung hätte sich in der Öffentlichkeit schlecht verkauft, Rangnicks Aufgabe kam also wie ein Geschenk des Himmels. Hier beginnt der rätselhafte Teil der Geschichte. Denn Rüssmann lehnte ab. Ein einigermaßen verwirrter Ralf Rangnick ging zurück auf den Trainingsplatz und flog mit der Mannschaft zum Uefa-Cup-Spiel nach Vigo.
Der Rest ist bekannt. Der VfB schied in Vigo aus, das entscheidende Gegentor fiel fünf Minuten vor Schluss. Es gehört kein großer Fußballverstand zu der Vermutung, dass sich die Stuttgarter in diesen letzten Minuten nicht gerade vor Ehrgeiz zerrissen haben für einen Trainer, dessen Ablösung nur noch eine Frage von Tagen war. Fahrlässig verspielte der VfB die Chance auf zwei Spiele gegen den FC Barcelona, auf eine Einnahme von fünf Millionen Mark, auf eine attraktive Darstellung in der Öffentlichkeit. Warum also hat Rüssmann am Dienstag nicht zugegriffen, als sich die günstige Chance zur schmerzlosen Trennung bot?
Über Gerhard Mayer-Vorfelder, der als Klubpräsident 25 Jahre lang der starke Mann des VfB war, lässt sich viel Negatives sagen, gerade, was seine Launen beim Entlassen von Trainern betraf. Eben deshalb wäre ihm dieser Fehler vom Dienstag nicht passiert.