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Sport: Ins Ziel gestürzt

Wieder liegen bei der Tour Fahrer auf der Straße, die Sprintstars Petacchi und Cipollini geben auf – Boonen gewinnt die 6. Etappe

Als die Sprinter auf dem Boulevard Marechal Foche von Angers ihre Kette auf die größtmögliche Übersetzung schoben und mit mächtigen Tritten der Ziellinie entgegen stampften, wähnten sie eine Meute von 170 Fahrern in ihrem Rücken. Doch es war ein kümmerliches Häuflein von rund 15 Mann, das da noch am Hinterrad des Tagessiegers Tom Boonen, des Zweiten Stuart O’Grady sowie der beiden schnellen Deutschen Erik Zabel und Danilo Hondo hing. Der Rest der Tour de France, inklusive der gerade noch eingeholten Ausreißergruppe, steckte zwischen den Absperrgittern unter der aufblasbaren Mineralwasserwerbung mit dem roten Lappen, der Marke für den letzten Kilometer.

Es war in der nervösen Anfahrt zum Sprint der sechsten Etappe wieder einmal zu einem Massensturz gekommen. Der Österreicher Rene Haselbacher (Gerolsteiner) hatte sich dabei in die Absperrgitter verhakt und lag, sich vor Schmerzen windend, am Straßenrand. Er hatte mehrere Rippenbrüche und einen Nasenbeinbruch erlitten. Für ihn ist die Tour beendet, Haselbacher muss noch mindestens zwei Tage in stationärer Behandlung im Krankenhaus bleiben.

Hinter Haselbacher standen bei dem Sturz sowohl Lance Armstrong, als auch der Träger des Gelben Trikots, der Franzose Thomas Voeckler unter den Wartenden. Jan Ullrich war nicht in den Sturz verwickelt. „Wir sind den ganzen Tag vorne gefahren“, sagte er im Ziel erleichtert, „und das hat sich heute als goldrichtig herausgestellt.“ So froh Ullrich war, heil über die Runden gekommen zu sein, so genervt war Lance Armstrong: „Der Kurs war am Ende wieder einmal viel zu eng gesteckt“, meckerte der Amerikaner. „Wenn da mit 60 Stundenkilometern reingefahren wird, brauchen sich die Organisatoren nicht zu wundern, wenn es solche Stürze gibt. Zum Glück passierte das Unglück ein paar Meter hinter der Kilometer-Marke.“

Bei einem Sturz dieser Marke werden laut Reglement keine Zeitabstände mehr genommen, die gestürzten Fahrer werden mit der gleichen Zeit wie der Tagessieger gewertet. Armstrong hätte sonst 15 erkämpfte Sekunden auf Ullrich verloren. „Wir werden heute bestimmt keinen Protest einlegen“, sagte dessen Sportlicher Leiter Mario Kummer. „Wir wären auch um die Regel froh gewesen, wenn unser Mann da drin gesteckt hätte.“

Alessandro Petacchi und Mario Cipollini waren in diesem dramatischen Etappenfinale gar nicht mehr dabei. Die italienischen Sprintstars ließen ihre Räder wegen Verletzungen schon vor der Etappe stehen. Petacchi hatte am Vortag bei einem Sturz eine Schulterprellung erlitten und konnte seinen Arm nicht mehr bewegen. Wie Petacchi landete auch der 37-jährige Cipollini auf den Etappen zuvor nicht auf vorderen Rängen. Er gab wegen einer Entzündung im Bein auf.

Für Armstrong war der Sturz vor der Zielgeraden bereits der zweite an diesem Tag. Schon kurz nach dem Start verhakte er sich in einem Massensturz, der das Feld in zwei Hälften teilte. „Es war nichts besonderes, ein alltäglicher Sturz“, sagte Armstrong. Thomas Voeckler kündigte indes an, sein am Vortag erkämpftes Gelbes Trikot weiter zu verteidigen: „Ich werde das Trikot so teuer verkaufen, wie es nur geht. Und wenn ich mir die Eingeweide aus dem Leib fahren muss.“ Am Freitag reichte es, einfach nur im Sattel zu bleiben.

Heute im Fernsehen: Die 7. Etappe, Chateaubriant – St. Brieuc, live.

SENDEBEGINN 12.50 Uhr (ARD)

13.45 Uhr (Eurosport)

Sebastian Moll[Angers]

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