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Jakov Gojun, 32, spielt seit 2015 für die Füchse. Der Abwehrspezialist wechselte von Atletico Madrid nach Berlin. Mit der kroatischen Nationalmannschaft gewann er 2010 EM-Silber und 2012 Olympia-Bronze.

© picture alliance / Soeren Stache

Füchse Berlin vor dem EHF-Pokalfinale: Jakov Gojun: "Ich brauche Adrenalin"

Füchse-Abwehrchef Jakov Gojun über große Spiele, durchwachte Nächte und den möglichen Europapokalsieg mit Berlin.

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Jakov Gojun, seit vier Jahren spielen Sie für die Füchse Berlin und sind damit einer der dienstälteren Spieler im Kader. Wie würden Sie ihr Aufgabengebiet beschreiben?

Mein Job ist ganz einfach: Abwehrchef. Ich habe in der Verteidigung viel zu tun, muss Kommandos geben, die Kommunikation übernehmen, aggressiv sein. Wenn wir zwischen Angriff und Abwehr wechseln, führt mein erster Weg zum Trainer, der mir Anweisungen gibt. Ich muss immer kämpfen und den Ton angeben, an mir orientiert sich die Mannschaft, von mir müssen die Signale kommen, jeder Zweikampf ist wichtig.

Aggressive Leader heißt das seit einigen Jahren.

Genau. Ich habe viele große Spiele in meiner Karriere gemacht, unter anderem über 150 Länderspiele für Kroatien, zehn Jahre ohne Pause im Nationalteam. Zwei Mal war ich bei Olympia dabei. Aber wissen Sie, eine Sache wird sich nie ändern…

…und die wäre?

Ich brauche Adrenalin für mein Spiel. Wenn ich das spüre, eine gewisse Aufregung und Anspannung, bin ich sofort präsent, das hilft mir enorm.

Zuletzt hat sich ihre Mannschaft in einen Rausch gespielt, sportlich wie emotional.

Mit Mannheim haben wir vergangenen Sonntag den alten und vermutlich neuen Deutschen Meister zuhause geschlagen, das war großartig und gibt uns Kraft für den Europapokal an diesem Wochenende in Magdeburg.

Wie geht es Ihnen nach solchen Spielen?

Ich liege fast immer lange wach, meist bis drei, vier Uhr in der Nacht, und kann nicht einschlafen. Das hängt mit den Emotionen zusammen, die sich in besonderen Momenten ergeben. Und natürlich mit dem Adrenalin, da haben wir es wieder.

Haben Sie ein Ritual an Spieltagen?

Nichts Spezielles. Kaffee trinken, gut frühstücken, danach ein bisschen ins Bett legen. Ich mache das gar nicht unbedingt um zu schlafen, sondern um mich zu konzentrieren und zu fokussieren: Was muss ich gegen den nächsten Gegner tun? Allerdings ist das mit der Ruhe manchmal gar nicht so leicht. Ich habe drei Kinder – elf Jahre, drei Jahre und vier Monate alt – da ist eigentlich immer Party. Aber wir haben eine gute Aufteilung: Meine Frau ist stark, sie kümmert sich um die Familie, und ich habe mit Handball zu tun. So ist das im Leben. Wenn meine Karriere vorbei ist, haben wir mehr Zeit füreinander.

Abseits des Feldes wirken sie ruhig, zurückhaltend und sehr höflich. Auf dem Platz sollen Sie der Fiesling sein, der die gegnerischen Angreifer aufhält und die Halle anheizt. Inwiefern unterscheidet sich der Privatmensch Jakov Gojun vom professionellen Abwehrchef?

Ich sehe da ehrlich gesagt keinen großen Unterschied. Das Einzige, was ich sagen kann, ist: Ohne meine Familie könnte ich niemals funktionieren, sie hat mich die ganze Karriere begleitet und unterstützt. Und bei allem Einsatz auf dem Feld: Ich bin nie ein unfairer Spieler gewesen.

Ist denn absehbar, dass die Kinder eines Tages so groß werden wie ihr Papa mit 2,03 Meter?

(Lacht) Auf jeden Fall. Mein Sohn ist jetzt drei Jahre alt und deutlich größer als viele Vierjährige. Aber das liegt in der Familie: meine Eltern sind auch große Leute. Gerade früher in der Schule habe ich die Fragen so oft gehört: Wie groß bist du denn? Was hast du für riesige Schuhe? Das ist normal für mich. Aber wissen Sie, was ich witzig fand, als ich zu den Füchsen gewechselt bin?

Erzählen Sie!

Dass es im Verein einen gibt, der noch größer ist als ich: Sportdirektor Volker Zerbe. Das ist mir auf meiner bisherigen Karriere ganz, ganz selten passiert.

Wenn man sich Ihre bisherigen Stationen so ansieht, dann fällt sofort auf, dass Sie nur in großen Städten und Hauptstädten gespielt haben: Zagreb, Madrid, Paris und nun Berlin.

Das war super für mich und meine Familie Wir hatten das große Glück, dass wir uns überall sehr wohl gefühlt haben. In Berlin war das auch vom ersten Tag so. Die Stadt ist riesig, aber trotzdem relativ ruhig, es gibt wenig Stress. Paris war da ganz anders. Da habe ich manchmal überlegt, ob ich nachts allein auf die Straße gehe. In Berlin denke ich darüber gar nicht nach. Dass ich auf meinen Auslandsstationen immer in der jeweiligen Hauptstadt gelandet bin, ist allerdings purer Zufall.

Groß geworden sind Sie in Split, der heimlichen Sport-Hauptstadt Kroatiens.

Wir haben nur 250 000 Einwohner, in etwa so viele wie Wilmersdorf, also der Bezirk, in dem ich lebe. Aber die Stadt hat viele prominente Sportler herausgebracht: Niki Pilic, Toni Kukoc oder den besten kroatischen Handballer, Ivano Balic. Sport war in meiner Kindheit und Jugend sehr präsent: Wir waren immer draußen und haben alles gespielt, Fußball, Basketball, Handball. Kroatien ist ein kleines Land mit nur fünf Millionen Einwohnern, aber gemessen daran sind wir bei großen Ereignissen immer sehr erfolgreich.

Bei den Füchsen spielen insgesamt vier Kroaten, auch Trainer Petkovic kommt aus dem ehemaligen Jugoslawien. Erleichtert das Ihren Alltag?

Das hilft natürlich, wir können unsere Heimatsprache sprechen, aber das machen wir nur manchmal. Wir sind alle Profis in einem anderen Land, deshalb ist es völlig normal, dass in der Kabine Deutsch gesprochen wird. An freien Tagen verbringen wir viel Zeit zusammen, wir essen gemeinsam, jeder bringt seine Familie mit. Wir haben zwar nicht viel Freizeit, weil der Spielplan wirklich hart ist, aber die wenige Zeit nutzen wir gemeinsam.

Wenig Zeit zwischen den Spielen, viele Verletzte – die Überbelastung ist im Handball immer wieder Thema, auch die Füchse hat es in dieser Saison schwer erwischt, phasenweise fehlten zeitgleich fünf, sechs Spieler. Wie kommt es, dass die Mannschaft trotzdem so eine erfolgreiche Saison spielt?

Wenn eine intakte Mannschaft Sorgen und Probleme hat, rückt sie noch enger zusammen. Genau das ist bei uns passiert, das ist unsere Mentalität. In dieser Saison hatten wir unglaubliches Pech, aber egal wie viele Verletzte wir auch haben: wir jammern nicht. In der Bundesliga sind wir Dritter, am Wochenende können wir einen Europapokal gewinnen – das ist ein Top-Ergebnis für die Füchse.

Sind Sie froh, wenn die Saison endlich vorbei ist?

Auf jeden Fall, aber noch haben wir ungefähr 20 Tage, an denen wir richtig Gas geben müssen. Danach können wir die Beine hochhalten und Urlaub machen. Ich fahre dann mit der Familie nach Split.

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